Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Karlheinz Pichler · 24. Feb 2015 · Ausstellung

„Schön euch zu sehen“ – Das Kunstmuseum Liechtenstein gewährt Einblick in seine schwergewichtige Sammlung

Als der schwarze Kubus in Vaduz im Jahre 2000 eröffnet wurde, gab das Kunstmuseum Liechtenstein erstmals einen umfassenden Überblick über den staatlichen Kunstbesitz Liechtensteins. Nun, 15 Jahre später und kurz vor der Inbetriebnahme des weißen Würfels der Hilti Art Foundation im Mai direkt nebenan, folgt eine weitere Präsentation der Schätze des Museums. Anhand von 160 erlesenen Werken aus den eigenen Beständen kann man die Schwerpunkte und Strukturen der weiterentwickelten Sammlung erkunden.

Der Sammlungsausschnitt wird in fünf Sälen präsentiert, die alle eine thematische Überschrift auf sich tragen. Der erste Raum mit dem Titel „Mensch und (Um)Welt“ dient einer Art Analyse von Welt und Lebensräumen sowie von sozialen Gefügen. Im Zentrum dabei der Mensch, in der Schau verkörpert durch den „Hagener Torso“, einer Büste 1910/1911 geschaffen vom deutschen Bildhauer Wilhelm Lehmbruck. Einen Schwerpunkt dieses Raumes bilden Behausungen. So ist etwa mit „Senzo titolo“ (1978) eines der bekannten Iglus von Mario Merz zu sehen, der hier durch die Verwendung von Materialien wie Holz, Reisig und Stein, einerseits die Natur symbolisiert, und diese andererseits durch die Einführung von Zahlenreihen und geometrischen Formen mit der Kultur in Einklang bringt. Weitere Highlights in diesem Raum sind eine skulpturale, begehbare Wohnzelle (Cellule No. 5) des israelischen Künstlers Absolon sowie mehrere Werke von Matt Mullican, der von sich sagt: „Meine Arbeit ist Methode, um die Welt zu dekodieren.“

Werke, die nur auf sich selbst verweisen


In den nächsten beiden Räumen sind unter dem Motto „Form, Regel und Freiheit“ Positionen angerissen, deren Anfänge in den 1960er und 1970er-Jahren zu sehen sind und die sich nicht mehr auf die Funktion des Abbildens berufen, sondern Werke produzieren, die einzig auf sich selbst verweisen. Es sind teils minimalistisch angehauchte Konzeptarbeiten, die mit industriell gefertigten Materialien wie etwa Neonröhren oder Blech und Stahl konstruiert wurden. Sehenswert hier unter anderem die Arbeiten von Fred Sandback, Donald Judd, Jannis Kounellis oder Richard Serra.

Der Mensch in der Gesellschaft


Mit Fragestellungen, wie sich der Mensch in der Gesellschaft verhält und wie die Bedingungen und Normierungen der Gesellschaft auf den Menschen zurückwirken, setzen sich die Kunstschaffenden auseinander, die im Ausstellungsabschnitt „Kunst, Leben und Gesellschaft“ präsentiert werden. Klar darf hier Joseph Beuys nicht fehlen, der die „Soziale Plastik“ als Gesamtkunstwerk verstand, in dessen Sinn er Ende der 1970er-Jahre ein kreatives Mitgestalten an der Gesellschaft und in der Politik einforderte. Mit „Raum 3, die ganze deutsche Nachkriegslyrik bestehend aus: ‚Ausgerutscht!‘ ‚Partitur aus: der ganze Riemen‘ d.h. (ausgerutschter Raum)“ ist von ihm eine feine Installation „ausgelegt“, die im als „Raum 3“ bezeichneten persönlichen Atelier Beuys in der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf entstanden ist. Mit sozialen und vor allem auch Gender-spezifischen Aspekten beschäftigen sich die Künstlerinnen Rosemarie Trockel und Louise Bourgeois, während sich etwa Joseph Cornell, Pawel Althamer oder Christian Boltanski mit der Zeit im Sinne von Vergehen und Erinnern oder deren soziologisch-kulturellen Eigenheiten auseinandersetzen.

Der vierte Themenbereich im oberen Stock des Kunstmuseums trägt den Titel „Neuanfang und Moderne“ und wartet mit europäischer Kunst nach dem Zweiten Weltkrieg auf, die sich mit der Frage auseinandersetzt, wie das Geschehen zu verarbeiten ist und wie wieder neu angefangen werden kann. Paradigmatisch hier die Werkbeispiele etwa von Willem de Kooning, Robert Rauschenberg, David Reed, Steven Parrino oder Fabian Marcaccio.

Zweifel, Spiel und Engagement


Spielen sich die ersten vier Themenfelder im oberen Stock des Museums ab, so führt der fünfte Abschnitt, „Zweifel, Spiel und Engagement“, in den Kunstlichtsaal des Erdgeschosses zurück. Neben Werken wie etwa der ironischen Arbeit „How do Men Turn into Dogs?“ von Nancy Wilson-Paji ist hier als eine Art Ausstellung in der Ausstellung eine feine Werkschau zum Schaffen Marcel Duchamps eingerichtet, der zentralen Wegbereiterfigur der Moderne. Man könnte dieses kleine Duchamp-Porträt, das von Beispielen zum Schattenthema oder Fotografien und Bauanleitungen zum „Grünen Lichtstrahl“ gespeist wird, vielleicht als „Directors Cut“ bezeichnen, ist diese Duchamp-Kammer doch von Museumschef Friedemann Malsch himself zusammengestellt worden.

 

Schön euch zu sehen
160 Werke aus der Sammlung
Kunstmuseum Liechtenstein, Vaduz
Bis 23.8.2015
Di-So 10-17, Do 10-20
www.kunstmuseum.li