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Karlheinz Pichler · 22. Jul 2014 · Ausstellung

„Wir malen die Rosen rot, sonst schlägt uns die Königin tot!“ – Natur, wie sie künstlicher nicht sein könnte, von Stefan Waibel im Kunstraum Dornbirn

Es gibt nicht viele Kunstwerke, die sich so in die Gehirnrinde einkerben, dass sie von selbst und auf längere Sicht immer wieder neu ins Bewusstsein vorzudringen verstehen. Stefan Waibels derzeitige Installation „Ideal Nature Machine“ im Kunstraum Dornbirn zählt zu diesen.

In „Alice im Wunderland“ heißt es an einer Stelle: „… wir malen die Rosen rot, sonst schlägt uns die Königin tot ...“ Ein wenig wie Alice im Wunderland fühlt man sich, wenn man durch die künstliche Wiese wandelt, die der 1970 in Lustenau geborene, in Dornbirn aufgewachsene und heute in Wien lebende und arbeitende Kunstschaffende Stefan Waibel in die alte Montagehalle, in der der Kunstraum Dornbirn untergebracht ist, hineingezaubert hat. Das Neonparadies besteht aus überdimensionalen, teils roten Blumen, Gräsern und libellen- oder mückenartigen Insekten, alles aus Draht geformt und im verdunkelten Raum durch fluoriszierende Substanzen zum Leuchten gebracht. Ventilatoren, die wie kleine Kanonen im Raum stehen, bringen die „künstliche Natur“ zum Schwingen. Die Szenerie wirkt skurril, unwirklich wirklich, aufgeladen - faszinierend, irritierend und geheimnisvoll gleichermaßen.

Kritische Ironie


Die kritisch-ironische Auseinandersetzung mit Gesellschaft und Natur, Landschaft und Bedrohung und letztlich Natürlichkeit und Kunst setzt sich bei Waibel wie ein roter Faden durch das Werk. Am Beginn seiner aus Eisendraht fabrizierten Wiesen und Insekten, die nun zur großen Installation „Ideal Nature Machine“ in Dornbirn führte, stand eine Serie von Blumen und Gräsern, die der Künstler mit „Fleur du coleur“ betitelte, da die Blumendrähte mit fluoriszierender Farbe lackiert wurden und nachleuchteten. Die Versuche an einer „künstlichen und idealen Natur“ trieb er immer weiter und ordnete immer monumentalere Versuche für eine „Ideal Nature Machine“ an. Nun pflanzt sich dieser Zyklus also im Kunstraum Dornbirn fort, nimmt Besitz von diesem industriellen Raum und beseelt ihn mit einer aus Materialien wie Metalldraht, Epoxidharzfarbe, UV-Licht und Windmaschinen erschaffenen Flora und Fauna der Künstlichkeit. Der Kunstraum wird zur Umrahmung von Rasenflächen und Blumenwiesen, die in ihrer Artifizialität kaum zu überbieten sind. Und dennoch, sich im sanften Wind der Ventilatoren wiegend, nimmt der Betrachter die Installation sofort und unzweifelhaft als Darstellung natürlicher Erscheinungen wahr.

Grafik im Raum


Die Störung dieser Wahrnehmung folgt aber auf dem Fuß. Denn, wenn man das „Wunderland“ betritt, wird offenkundig, dass die „Natur-Maschinen“, die durch das UV-Licht nachgezeichnet wie eine feine lineare Grafik im dreidimensionalen Raum erscheinen, eben eigentlich nur ein geordneter Haufen simplen Materials wie Eisen, Aluminium und Harz ist. Wie der Künstler selber sagt, verbrauchen die „Maschinen“ auch jede Menge Energie und wenden sich damit gleichsam gegen dasjenige, das sie eigentlich abbilden. Die ganze Installation ist somit ein Widerspruch in sich, ein Paradoxon. Kunstraum-Leiter Thomas geht sogar so weit, um plakativ von einem „Flop“ zu sprechen. Diese Art von Natur ist ihrem Ressourcenbedarf nämlich eine ineffiziente Verschwenderin.

 

Stefan Waibel: Ideal Nature Machine
Kunstraum Dornbirn
Bis 24.8. 2014
Di - So 10-18
www.kunstraumdornbirn.at