Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Karlheinz Pichler · 17. Apr 2014 · Ausstellung

Aufgetaucht: Riesiges Atom-U-Boot in der altehrwürdigen Feldkircher Johanniterkirche gestrandet

Touristen, die es derzeit in die Feldkircher Johanniterkirche verschlägt, fällt sprichwörtlich die Kinnlade herunter und sie trauen ihren Augen kaum. Denn alles hätten sie in einer Kirche vermutet, nur nicht ein U-Boot dieses gigantischen Ausmaßes, beschriftet mit roten Sowjetsternen und anderen sowjetisch-kommunistischen Chiffren und Zitaten. Manche Besucher sind darob geschockt und echauffieren sich, andere wiederum sind davon positiv berührt und geben sich dem Staunen hin.

Das skurille Gebilde, das sogenannte  „Atomik Submarine“, stammt vom 1958 in Lausanne geborenen Schweizer Art-Brut-Künstler Francois Burland, der mit seinen kuriosen Panzern, Autos, Flugzeugen oder Schiffen aus Abfallmaterialien und Fundstücken immer wieder eigenwillige Kommentare zu den Entwicklungen der Zeit abgibt.

Die Idee zum „Atomik Submarine“ ist Burland im Frühjahr 2011 in einer Garage in Bordeaux gekommen. Zu einer Zeit also, als der Welt gerade der Atem aufgrund der Nuklearkatastrophe im japanischen Kernkraftwerk Fukushima still stand. In monatelanger Arbeit wurden in besagter Garage ein Holzskelett mit Dosenblech und abertausenden von Nieten und Schrauben zum Schiffskörper „Octobre rouge“ verschweißt. Nach Stationen in Bordeaux, Neuchatel und in der Kartause Ittingen ist „Atomik Submarine“ nun also in Feldkirch vor Anker gegangen. Hier haben nicht zuletzt  Kurator Arno Egger und vor allem „Art Supporter“ Roland Adlassnigg maßgeblich Hand angelegt und das U-Boot gemeinsam mit dem Künstler in Rekordzeit zu einer Gesamtlänge von 18 Metern zusammengebaut.

Putin lässt den „Homo Sovieticus“ auferstehen


Logisches Ziel der Ausstellungsreise des Atom-U-Bootes Richtung Osten sollte für den Künstler ursprünglich Tschernobyl sein. Ein Vorhaben, das wohl bereits in Kiew scheitern sollte. „Die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986 und der Untergang des U-Bootes Kursk im Jahr 2000 haben den Homo Sovieticus zu Fall gebracht“, meint Francois Burland. „Jetzt will der russische Präsident Wladimir Putin ihn mit der Einverleibung der Krim wieder auferstehen lassen.“

Begleitfahrzeuge


Begleitet wird „Atomik Submarine“ von einer Vielzahl an Flugzeugen, Schiffen, Raketen und Tanks. Neben dem riesigen Ungetüm nimmt sich dieser Begleittross, den Burland ebenfalls installativ eingerichtet hat, fast wie Spielzeug aus. Mit diesen phantastischen Kampfgeräten im Spielzeugformat verarbeitet Francois Burland die Kriegserinnerungen seiner Familie und seine eigenen Kindheitsängste, erläutert Kurator Egger. Der Lausanner Künstler inszeniere ein Bild, das die Gewalttätigkeit von Kriegsmaschinen mit scheinbar kindlicher Spiellust verbinde.

Reale und imaginäre Abenteuer


Burland arbeitet heute in seinem Atelier oberhalb von Vevey, zwischen Weiden, Obstgärten und dem nahen Gebirge. Obwohl er seinerzeit von der Kunstschule abgelehnt wurde, fasste er mit 17 Jahren den Entschluss sein Elternhaus zu verlassen und Maler zu werden. Bekannt wurde er zunächst durch Kugelschreiberzeichnungen. Mittlerweile verwendet er eine Vielzahl von Techniken, um sein Gedächtnis nach den Erschütterungen des 20. Jahrhunderts zu durchforsten. In seinem von einem nomadischen Leben geprägten Werk verarbeitet er reale oder imaginäre Abenteuer. Sein Werk enthält immer wieder auch geheimnisvolle Anspielungen auf prähistorische oder mythische Kämpfe der Menschheit.

Seine Arbeiten mit Farbstiften und Ölkreiden auf Packpapier als auch seine riesigen Linoldrucke sind vielfach ausgestellt worden. An seinen burlesken Spielzeugskulpturen arbeitet er seit 1984. Begonnen hat er damit, als er aus Geldmangel für seine Kinder Spielzeug bastelte. Mit seinen und anderen Kindern der Umgebung zog er los, um in Mülldeponien nach Materialresten zu suchen und sie anschließend zu fantasievollen Fahrzeugen zusammenzufügen. Nach kurzer Zeit wurde man in Lausanne auf die Objekte aufmerksam, was dazu führte, dass er kurz darauf an der großen Ausstellung „Spielzeuge von hier und anderswo“ teilnehmen konnte. Mit der Zeit nahmen seine Objekte immer größere Maße an. Anna Feistl schreibt über den Schweizer Künstler: „Die kleinen und großen Schiffe, Flugzeuge, Panzer und Fahrzeuge, funktionieren wie das Gedächtnis einer verlorenen Kindheit. In ihrer absurden Funktionslosigkeit - sie fahren nicht, sie fliegen nicht, sie schwimmen nicht – übernehmen sie trotz ihrer Komik eine mahnende Rolle: Was so spielerisch wirkt, ist zugleich auch ein Hinweis auf die Gewalttätigkeit von Kriegsmaschinen.“

 

François Burland: Atomik Submarine
Johanniterkirche Feldkirch
Bis 24.5.2014
Di-Fr 10-12 u. 15-18, Sa 10-14
www.johanniterkirche.at