Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast. (Foto: Matthias Horn)
Karlheinz Pichler · 13. Aug 2014 · Ausstellung

Blutrünstiges und Blumiges bitten zum Stelldichein – „Blood & Roses“ von Marina Koldobskaya in der Bregenzer Galerie Lisi Hämmerle

Die diesjährige Sommerausstellung in der Bregenzer Galerie Lisi Hämmerle ist der russischen Kunstschaffenden Marina Koldobskaya gewidmet. Koldobskayas Tier- und Blumenbilder sind kalkuliert plakativ hingemalt und beanspruchen durchaus auch politisch zu sein. Es ist dies die erste Ausstellung der in Petersburg lebenden und arbeitenden Künstlerin in Österreich.

Verletzte Tiere sowie Tiere, die andere verletzen, respektive töten und fressen, ziehen sich motivisch durch die aktuelle Ausstellung „Blood & Roses“ in der Bregenzer Galerie Lisi Hämmerle. Zwischendurch sind Blumendarstellungen zu sehen. Die Sujets erinneren in ihrer schematisch vereinfachten Umsetzung ein wenig an die Kunstwerke von Außenseitern. Aber sie stammen von der Petersburger Vollblutkünstlerin Marina Koldobskaya, die die Galeristin Lisi Hämmerle bereits an der diesjährigen Art Bodensee mit einige Werken präsentiert hatte.

Gegensätzlichkeit


Dominiert wird die Ausstellung von einer momumentalen Katze, die dem Betreter der Galerie von der Stirnwand des Ausstellungsraumes wie ein Monstrum entgegenblickt. Koldobskaya hat das Tier, das gerade ein anderes zerfleischt, während der Vernissage im Rahmen einer Performance direkt auf die Wand gemalt. Wie diese als „Mural“ bezeichnete überdimensionale Katze werden auch andere Katzen oder Igel fressend dargestellt, während ihre Opfer bluten. Ein anderes Bild zeigt einen angeschossenen Hirschen oder ein Rentier. Koldobskaya verweist auf die Gegensätzlichkeit des Seins. Die Katze ist mal Kuscheltier, dann wieder entpuppt sie sich als mörderisches Raubtier. Jedes Ding hat zwei Seiten. Auch die Blumenbilder tragen dieses Antipodische auf sich. Sie erscheinen zum einen als pralle Farbflächen, gleichzeitig scheint eine bedrohliche, alles verschlingende Sogwirkung von ihnen auszugehen. Die russische Künstlerin verweist damit auch auf die Anfälligkeit der Gesellschaft. In einer Ausnahmesituation sind Gesellschaft und Politik offenbar unberechenbar und zu allem fähig, wie aktuell gerade die Situationen in der Ukraine, im Gazastreifen, in Syrien oder im Nordirak belegen. In der Rollenaufteilung zwischen "Aggressor" und "Opfer" spiegelt sich auch das Ausgeliefertsein des Individuums gegenüber der staatlichen Allmacht. Die meisten präsentierten Werke hat die Russin eigens für die Ausstellung in Bregenz gemalt.

Nicht irgendwer


Mit Koldobskaya hat Lisi Hämmerle einen guten Fang gemacht. Denn Koldobskaya ist nicht irgendwer aus der russischen Kunstszene, sondern ein Sprachrohr der jungen russischen Kunst. So leitet sie etwa als Direktorin das National Center for Contemporary Art (NCCA), das Nationale Zentrum für Zeitgenössische Kunst in St. Petersburg, und damit eine wichtige staatliche Institution, die junge Künstler unterstützt. Künstler gebe es in Russland viele, aber kaum zeitgenössische, sagt Koldobskaya. Gerade mal 50 Personen in St. Petersburg verdienen ihrer Meinung nach den Titel „zeitgenössischer Künstler“, setzten sich also kritisch mit ihrer Zeit auseinander und das mit modernen Mitteln. Zu viele machen sich lediglich ironisch über politische Kunst lustig. Aber mit der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Krise werde auch die politische Kunst erstarken, meint die Russin, für die das Kuratieren in etwa gleich wichtig ist wie das eigene Malen. Bereits jetzt verginge einigen der neuen Reichen die Lust am glatten Luxus. Zumindest oberflächlich gibt sie Einblick in den dortigen Markt.

Mit inhaltlichen Reizzonen gespickt


Die Künstlerin wurde 1961 in Leningrad, in der damaligen UDSSR, geboren und studierte an der „High School of Art and Design“ in Leningrad. Mitte der 1980er, während der Perestroika, begann sie als „freelance artist“ an Ausstellungen teilzunehmen. In den frühen 1990er-Jahren wurde sie Mitglied der ersten „post-Soviet Russia women´s art group ‚I Love You Life’“.  Mit Performance KünstlerInnen organisierte sie „everyday life“-Aktionen in Form von Party-Shows, Picknicks oder Installationen im öffentlichen Raum. Projekte, die man auf ihrer Hompage (www.marinakoldobskaya.com) erkunden kann, wie beispielsweise New Heraldry of Russia, Know Your Place, Happy Savage, Porcelain for Propaganda, Red & Black oder Personal belegen ihr Interesse am sozialen- und politischen Leben, an zeitgenössischer Mythologie und Ideologie, Folklore Art, Pop-Kultur oder an Massen-Medien. Ihre Werke sind gespickt mit Anknüpfungen an solche inhaltlichen Reizzonen.

 

Marina Koldobskaya: „Blood & Roses“
Galerie Lisi Hämmerle, Bregenz
Bis 30.8.2014
Mi–Fr 14–18, Sa 10–12, 14–16
www.galerie-lisihaemmerle.at