Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Karlheinz Pichler · 29. Dez 2014 · Ausstellung

Licht als visuelles Sprachrohr - Brigitte Kowanz in der Zürcher Galerie Häusler Contemporary

Die österreichische Künstlerin Brigitte Kowanz (*1957, Wien) thematisiert in ihrem Schaffen vor allem die Aspekte Licht, Raum, Zeit und Codes. Dabei bilden Fragen der Wahrnehmung, der Codierung und Auffächerung von Wissen, der Transformation von Materialität in Energie und die enge Verbindung von Licht und Information sowie Licht und Zeit eine zentrale Thematik. Die Zürcher Galerie Häusler Contemporary präsentiert in ihrer aktuellen Ausstellung neuere und ganz neue Arbeiten von Kowanz, die sich vor allem auf die Auseinandersetzung mit dem Morsealphabet zurückführen lassen.

Brigitte Kowanz, die eine Professur an der Universität für angewandte Kunst in Wien inne hat und 2009 mit dem Großen Österreichischen Staatspreis für Bildende Kunst ausgezeichnet wurde, nennt ihre Ausstellung bei Häusler Contemporary "Dots and Dashes". Die Künstlerin überträgt also "Punkte und Striche", Kürzen und Längen, die zusammen mit den Pausen das "Grundvokabular" des Morsealphabets darstellen, auf die Ebene des Lichtes. Sie entbindet das Licht gleichsam von seiner Alltagsfunktion der "Beleuchtung" und benützt es als autonomes Material und Phänomen, das häufig mit auf sich selbst verweisenden Behauptungen verschränkt wird.

Ähnlich wie das Licht wird auch die Sprache allgemein nur als Mittel zum Zweck wahrgenommen, "und auch sie wird bei Kowanz in ihrem formal-ästhetischen Charakter betont", sagt Ausstellungskuratorin Deborah Keller. Keller: "Licht und Sprache dienen der Künstlerin als Medium, Motiv und Metapher, um die komplexen Verstrickungen von Sehen und Verstehen, Wahrnehmen und Erkennen zu visualisieren." Licht wird mit Zeichen und Sprache kombiniert, um seine Maßstäblichkeit für die Wahrnehmung und Sichtbarkeit zu akzentuieren.

Kowanz, die bereits 1984 und 1995 auf der Biennale in Venedig sowie 1987 auf jener in São Paulo vertreten war, arbeitet seit rund 20 Jahren daran, das sprachliche Codesystem des Morsealphabets in ihr lichtbasiertes Œuvre einzubeziehen. Die Möglichkeit, mit kurzen und langen Signalen sowie Pausen jede inhaltliche Komplexität darstellen zu können, hat sie von jeher interessiert und fasziniert. Allerdings transformiert sie das System nicht wie üblich in eine zeitliche Abfolge von Lichtimpulsen, sondern in ein "statisches" Bild aus Licht, Schatten und Reflexion. "So entstehen Effekte von optischer Tiefe und scheinbarer Dynamik oder auch ornamentale Anklänge, womit die Stringenz des Morsesystems ästhetisch reizvoll umformuliert und die Verschlüsselung der Botschaft pointiert wird." (Keller)

Neuer Werktypus


Gegenüber früheren Werken, in denen Kowanz die Morsezeichen beispielsweise in Plexiglasplatten eingegschliffen hatte, muten die neuen Arbeiten aufwändiger, präziser und auch komplexer an. Und zwar sowohl was Inhalt und Material als auch formale Erscheinung anbelangt. Arbeiten wie "Space", "Who" oder "Aura des Authentischen" sind mit äußerster Exaktheit und fast industrieller Perfektion realisiert worden. Und sie sind auch vielschichtig angelegt, wie etwa an der Arbeit "Focus" (2014) ersichtlich ist. In diesem neuen Werktypus ist in einem Würfel eine kreisrunde Neonröhre angebracht, die mit leuchtenden und abgedunkelten Partien das Wort "Focus" in der Morsesprache signalisiert. Die verspiegelten Wände des Kubus bilden einen virtuellen Raum, in dem sich dieser "Focus" vielfach wiederholt, überlagert und auflöst. Deborah Keller: "Mit der so eröffneten, unendlichen Tiefe wird auch die Distanz zwischen Kunstwerk und Betrachter aufgehoben, der Betrachter wird durch die Reflektion selbst Teil des Werks."

Dieses Prinzip führte Kowanz zu verschiedensten formalen Lösungen, nachzuvollziehen etwa auch am Bodenkubus "Intent" oder den leuchtenden "Kristallen". Im Zusammenspiel von Licht, Sprache und Spiegelung offenbaren sich Objekte und räumliche Szenarien, in denen sich die Realität und ihr virtuelles Spiegelbild gegenseitig durchdringen.

Die Werke von Kowanz berühren die intellektuelle Ebene des Betrachters genauso wie die sinnliche. Ausgehend vom Licht als der Grundlage jeglichen Sehens, hat die Künstlerin die technologischen und analystischen Möglichkeiten zur gestalterisch-visuellen Auslotung ihrer Zutaten immer weiter perfektioniert, ohne dabei aber jemals auch auf poetische Ansprüche zu vergessen.

Brigitte Kowanz: „Dots and Dashes“
Häusler Contemporary, Zürich
Bis 14.2.2015
Di-Fr 12-18, Sa 11-16 u.n.VB
http://haeusler-contemporary.com