Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Karlheinz Pichler · 26. Jun 2014 · Ausstellung

Ein Berg besteht aus vielen Bergen - "Ansichten" von Martin Dietrich in der Damülser Kulisse

Der Bregenzerwälder Künstler Martin Dietrich hat die Damülser Mittagsspitze gemalt. Immer wieder. Und von allen Seiten. Und in allen Jahreszeiten. Zu sehen sind seine "Ansichten" dieses Berges in dem zum kleinen Kulturzentrum "Kulisse" umfunktionierten ehemaligen Pfarrhof Damüls.

Der Künstler und Grafiker Martin Dietrich arbeitet in groß angelegten Zyklen und Serien. Erinnert sei etwa an seine Menschenbilder in alltäglichen Szenerien, oder an seine Porträtbilder. Und nun ist er sozusagen auf den Berg gekommen. Auf die Damülser Mittagsspitze. Er hat diesen Berg als Motiv gewählt, da er eine sehr markante Form aufweist. Eine Form, die auch ein wenig an das berühmte Matterhorn bei Zermatt in der Schweiz erinnert, wennglich die  Spitze nicht so extrem hochragt. Da die Mittagsspitze von etlichen Gemeinden aus gut gesehen werden kann, stellt sie auch eine deutliche landschftliche Zäsur im hinteren Bregenzerwald dar.  Und je nach Tages- und Jahreszeit, Witterung und geografischem Standpunkt sieht dieser Berg auch jeweils anders aus. Er ist einer permanenten Veränderung unterworfen. Es ist stets ein anderer Berg, gleichwohl es immer derselbe ist. Der Berg als Universalmetapher.

Lichtstimmungen


Ausgangspunkt für die Bilder sind Fotografien, die der Künstler gemacht hat.  Es sind quasi Lichtstimmungen, die er kurz auf dem kleinen Bildschirm prüft. Im Atelier ordnet er diese Stimmungsbilder zu den entsprechenden Gemälden. Die digitale Technik eröffnet durch die unmittelbare Sichtbarkeit des gemachten Bildes, die Leuchtkraft des Displays eine neue Herausforderung für die Malerei und generiert durch ihre leuchtenden, kontrastreichen Farben eine neue Ästhetik.

Der Berg, eine Kulisse


Der Kunstphilosoph Hubert Matt sagte im Rahmen der legendären Ausstellung "Alpenblick" 1997 in Wien: "Der Berg, für den Betrachter aus der Ferne, aus dem gesicherten Tal nur eine Kulisse, ein Bühnen-, ja ein Tafel- und Augenschmausbild, gewinnt erst durch die körperliche Annäherung, welche im Volksmund als Besteigung, Erklimmung usw. bezeichnet wird, seine plastische, skulpturale Gestalt. Erst die Anstrengung und mit ihr die Zeiterfahrung und das Pochen der Organe machen aus einem Bild ein Objekt."  Bei Martin Dietrich erfolgt diese "Besteigung", die Interpretation dieser "Kulisse" durch den Malprozess. Wobei er bei der Umsetzung auf das Arbeiten mit Ölfarben setzt. Er hat die Damülser Mittagsspitze mit dicken, fetten, pastosen Anstrichen auf die Leinwand gebannt. Wobei er das Öl der Acrylfarbe darum vorzieht, weil das Öl einem längeren Trocknungsprozess unterlegen ist. Durch die länger anhaltende feuchte Konsistenz erspart er sich sozusagen die Palette. Denn der Künstler mischt die Farbe direkt auf der Leinwand. Er lässt die verschiedenen Farben solange ineinander greifen, bis ihm der Farbton ideal erscheint, um einen bestimmten Ausdruck und eine bestimmte Ästhetik festzulegen.

Dietrich unterschiebt seinem Berg keinen heroischen Gestus. Er reduziert seinen Berg auf das Wesentliche, er abstrahiert die Details zugunsten eines ineinandergreifenden Form- und Farbgefüges, er minimalisiert die Malerei in Richtung farblicher Auflösung, ohne jedoch die Wirkung des Bildes zu vernachlässigen. Eher übersteigert er die Wirkung der Berglandschaft und unterstreicht dies malerisch durch Hell-Dunkel- und Komplementärkontraste. Der Künstler konzentriert sich auf das Stereotyp und den formalen Habitus des Berges. Keine pittoreske Wiese, kein blumenbewachsener Abhang, kein Alpenröschen, kein Fußweg lenkt vom Eigentlichen ab. Bei Dietrich ist der Berg stets ein Berg ohne Zierrat, ohne ablenkende Schnörkel, sondern immer ein majestätisches Massiv der Farben und Formen.

 

Martin Dietrich - "Ansichten"
bis 15. September 2014
Di/Fr 14.00 - 17.00 Uhr
Kulisse Pfarrhof, Damüls