Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Karlheinz Pichler · 30. Jän 2015 · Ausstellung

Geschichten zwischen Fiktion und Wirklichkeit - Amrei Wittwer und André Willimann in der Galerie allerArt Bludenz

Im Rahmen einer neuen Ausstellungsreihe spannt die Galerie allerArt in der Remise Bludenz jeweils eine weibliche und eine männliche künstlerische Position zusammen, in deren Schaffen Parallelitäten im inhaltlichen und technischen Vorgehen erkennbar sind. Den Auftakt zu dieser Serie bestreiten Amrei Wittwer und André Willimann, die kleinformatige Ölbilder präsentieren, die mit narrativen Anspielungen gespickt sind.

Der Titel der Werkschau von Wittwer und Willimann, "Abenteuer – Protagonisten und Szenerien", ist gleichzeitig auch der thematische Aufhänger derselben. "Wir zeigen angedeutete Handlungen (Abenteuer), aus dem Kontext gelöste Figuren (Protagonisten) und Ausschnitte von Orten (Szenerien) in loser Kombination. Dadurch soll ein neues Narrativ entstehen, wodurch die unabhängig voneinander entstandenen Bilder sich gegenseitig in Kontext setzen", umschreiben die beiden Kunstschaffenden selber, um was es bei den Arbeiten geht. .

Erzählende Bilder


Schreitet man die Ausstellung von Wittwer und Willemann im Uhrzeigersinn ab, so steht die Abbildung eines Haies mit furchterregend weit aufgerissenem Maul am Beginn. In einem assoziativen Reflex denkt der Betrachter sofort an Steven Spielbergs Horrorfilm „Der Weiße Hai“. Das Werk stammt von Wittwer, zu deren weiteren Bildsujets etwa auch Dinosaurier, Schlangen, Käfer, Spinnen, Aliens, Lara Croft oder zuckersüße Figuren aus der Barbiewelt zählen. Bedrohliches steht bei ihr neben Zauberhaftem und Sehnsüchtigem. Stets spielt sie mit dem Vorwissen des Betrachters. Ihre Bildwelten sind Auslöser für Gedankengänge, die beim Kunstkonsumenten brachliegen, und nun wie auf Knopfdruck in die Gänge gebracht werden. Sind es bei Wittwer also zumeist Wesen aus einer Phantasiewelt, die sich auf den hölzernen Bildträgern tummeln, so treten bei Willimann eher handfeste Vorbilder in Erscheinung, seien dies Königinnen aus dem alten Ägypten (Ahmose), Soldaten (Landser) oder auch einfach eine Handgranate mit Stiel.
Jedenfalls greifen die beiden Kunstschaffenden für ihre "erzählenden Bilder" immer wieder auf ikonografische Mythen und Archetypen in Form von Helden und Monster zurück und erzeugen damit malerische Welten, in denen Realität und Fiktion miteinander verschränkt werden.

Gegen das traditionelle Rollenverhältnis


Im Bildkosmos von Amrei Wittwer kommt dem "weiblichen Held" eine besondere Bedeutung zu. Ihre „Heldinnen“ sollen dem Ausbruch aus dem bisherigen Rollenverhältnis Vorschub leisten. Der weibliche Körper darf sichtbar und individuell sein. Die Künstlerin lehnt dabei die Gebote zur Verhüllung und der Tabuisierung der Existenz und der Abbildung der weiblichen Sexualität und Erotik genauso ab wie die gesellschaftliche Kommerzialisierung und Gleichmachung des weiblichen Körpers. Oft vereinigen sich bei Wittwers Figuren weibliche und männliche Ideale in einer Person, die dieser letztlich zum Überleben verhelfen. Ein Beispiel dafür wäre etwa die Black-Tomb-Raider-Heldin Lara Croft.

André Willimann wiederum verweist in seinen „Geschichten“ mitunter auf den Begriff der "Âventiure", der sich aus den Abenteuergeschichten der Mittelalterlichen Minne ableitet. Willimann sucht seine Sujets aus der Optik der "Âventiure" in der realen Welt und übersetzt diese durch die Malerei zurück in die Welt der Vorstellungen und Ideen. In einer Beschreibung seines Werkes heißt es: „Die Konzentration auf ein Sujet pro Bild und dessen Präsentation in diffusen Lichträumen betont dabei den seriellen Charakter von Willimanns Malerei, und stellt den Betrachter als Sammelpunkt aller Eindrücke ins Zentrum seiner Arbeit.“

Parallelitäten


Auch wenn Amrei Wittwer und André Willimann  eigenständig und unabhängig voneinander arbeiten, gibt es doch eine Reihe von Gemeinsamkeiten zwischen den beiden. So sind beide Jahrgang 1980 (Wittwer kam in Bludenz zur Welt, Willimann in Zürich) und beide absolvierten die Zürcher Hochschule der Künste. Zudem arbeiten die beiden an einem ähnlichen Themenkreis, den Willimann als „eskapistisch romantische Malerei“ bezeichnet. Wobei Eskapismus hier einer Flucht aus einem als kalt empfundenen „real life“ hin zu einem Schwelgen in ausgedachten Geschichten verstanden werden könnte. Sowohl Wittwer als auch Willimann bevorzugen darüber hinaus das Kleinformat und sind in technischer Hinsicht der realistischen Malerei zuzuordnen. Wobei bei Willimann bei den neuesten Gemälden allerdings ein klarer Schwenk in Richtung Abstraktion auszumachen ist.

Die Doppelausstellung in der Remise Bludenz ist klassisch angelegt. Die Bilder sind in Augenhöhe in einer Reihe rundherum gehängt. Wobei keine thematische Ordnung ersichtlich scheint. Die Arbeiten der beiden wechseln sich lose ab. Einziges Gliederungsprinzip scheint eine Hängung zu sein, die einer Art farblicher Rhythmik folgt. Auf Bilder schriller Farbikeit folgen eher „gemäßigte“, und letztlich schließt der Rundgang mit einer Serie schwarz-weißer Bilder von Wittwer ab. Insgesamt werden 48 kleinformatige Ölbilder gezeigt. Wobei die aus Bludenz stammende Künstlerin mit 33 Werken die klare Mehrheit stellt. Bei Wittwer ist dazu noch anzumerken, dass sie zweifellos ein Multitalent ist. Als promovierte Wissenschaftlerin widmet sie sich etwa am Collegium Helveticum in Zürich der Schmerzforschung. Als Mitglied von „Literatur Vorarlberg“ ist sie schon des Öfteren mit bemerkenswerten Texten öffentlich in Erscheinung getreten. Und als weiblicher Part des Zürcher Elektropop-Duos „SPRNVA“ (gesprochen „Supernova“) hat sie gerade erst kürzlich ebenfalls in der Remise Bludenz ein Konzert gegeben und Kostproben ihres respektablen Gesanges abgegeben. Was  den Bereich der bildenden Kunst anbelangt, so stellt die Schau in der Galerie allerArt ihre erste Ausstellung dar. In der Art, wie sie mit Farbe und Pinsel umgeht, ist von ihr sicher noch einiges zu erwarten.

Christine Katscher und Pirmin Hagen als nächstes Duo


Stehen Amrei Wittwer und André Willimann also am Beginn dieses neuen, von Alfred Graf kuratierten Formates, so folgen die 1986 in Wien geborene Christine Katscher und der Dornbirner Künstler Pirmin Hagen mit einer am 26. Februar öffnenden Ausstellung als nächstes Beispiel. Für diese beiden Kunstschaffenden ist eine fast dokumentarische Herangehensweise zentraler Bestandteil ihrer Arbeit. Ausgangspunkt ist die Beobachtung, festgehalten in Skizzen und Fotografien. Daraus entwickelt sich alles Weitere, meistens Zeichnungen oder Drucke, manchmal Objekte. Ein Hauptinteresse von Katscher und Hagen gilt der komplexen Wechselwirkung zwischen Mensch und Landschaft.

 

Amrei Wittwer und Andre Willimann : „Abenteuer – Szenerien und Protagonisten“
Galerie allerArt, Remise Bludenz
Bis 22.2.2015
Mi-Sa, So u. Fe 15-18 Uhr
www.allerart-bludenz.at