"Rickerl – Musik is höchstens a Hobby" derzeit in den Vorarlberger Kinos (Foto: 2010 Entertainment / Giganten Film)
Karlheinz Pichler · 31. Aug 2014 · Ausstellung

Spielerischer Umgang mit strengen Konzepten – „Acht ohne Gegenstand“ im Otten Kunstraum

Der auf konstruktive und konkrete Kunst sowie Minimalismus fokussierte Otten Kunstraum in Hohenems legt im Rahmen der aktuellen Ausstellung „Acht ohne Gegenstand“ offen, dass eine Kunst, die auf strengen Konzepten basiert, durchaus vital, abwechslungsreich und spielerisch sein kann.

Vielen Kunstinteressierten gilt die Abstraktion und der auf einer geometrischen Formalsprache aufsetzende Konstruktivismus als spröde, sperrig und nüchtern. Ilse Aberer, Doris Fend, Tone Fink, Maria Jansa, Hubert Lampert, Herbert Meusburger, Norbert Pümpel und Franz Türtscher zeigen mit ihren teils eigens für die von Ingrid Adamer kuratierten aktuellen Ausstellung im Otten Kunstraum entwickelten Arbeiten, dass die Auseindersetzung mit gegenstandsloser Kunst durchaus facettenreich und disziplinenübergreifend sein kann.

Join Ups und Hanged Pipes

In ihren jeweils als „Join Up“ betitelten Acryl-Arbeiten auf MDF-Platten geht Ilse Aberer wie bei praktisch allen ihren Arbeiten von geometrischen Grundformen aus. Hier sind es Viertelkreise, die die Künstlerin zwar streng formal arrangiert, allerdings nicht ohne die Sicht des Betrachters einzubeziehen. Seinem inneren Auge obliegt es, die angerissenen Formen, die wie poetische Settings wirken, zu fertigen „Ordnungen“ wie Kreise oder Quadrate zu Ende zu denken.

Einem „lyrischen Minimalismus“, der sich spielerisch mit Ausdehnung und Raum auseinandersetzt, frönt Doris Fend. Bei ihr werden Zeichnungen selbst zum Objekt mit haptischen Qualitäten. Für ihre „Hanged Pipes (red and yellow)“ etwa verbrauchte sie bis zu vier Farbstifte pro Kartonrohr (Pipes) und setzte damit durch unterschiedliche Druckausübungen markante farbige Akzente.

Mustergültig und metamorph

Das Credo von Tone Fink, der dieses Jahr seinen 70er beging, lautet immer wieder „Mit den Händen sehen und mit den Augen begreifen“. Seine abstrakt-rhythmisch und monochrom gehaltenen und teils mit Materialien wie Sand und Steinen angereicherten Acryl-auf-Leinwand-Bilder verleiten in ihrer Haptik zum Betasten und Angreifen.

Speziell für den Innenraum des „Öltanks“, der im Freigelände des Otten-Areals steht, hat Maria Jansa ihre Installation „Metamorph“ geschaffen. Sie besteht aus 33 im Raum verteilten Trigonen aus Keramik, die via Videosequenz in ein virtuelles Spiel von Licht und Schatten transformiert werden und sich letztlich in einem vom Komponisten Gerald Futscher geschaffenen Soundcluster symbolisch auflösen.

Wahrnehmen und verwischen

Mit Fragen der Wahrnehmung und der Erfahrung von realen sowie illusionistischen Räumen in Interaktion mit dem Betrachter beschäftigt sich Hubert Lampert in seinen formal mit größter Präzision ausgearbeiteten Beiträgen wie etwa „Würfelräume“ oder „Ich spreche in Bildern 1“.

Die von Herbert Meusburger gezeigten Exponate wiederum sind eine Weiterentwicklung der Serie „Verwischt & vertuscht“. Für die Verteilung und Verwischung der Farbe auf dem Bildträger bedient er sich jedoch nicht mehr eines Scheibenwischermotors, sondern der Spachtel. In einem gestischen Duktus spachtelt der Künstler, der eigentlich als Steinbildhauer bekannt ist, Acrylfarbe in dünnen Schichten auf die MDF-Platten auf. Dem MDF-Material innewohnende Strukturen werden mithilfe von Kaltnadelradierwerkzeugen zusätzlich formal herausgearbeitet und betont

Das Schwinden des Augenblicks und das Motiv des Rasters

Die Nichtwiederherstellbarkeit eines Augenblicks macht diesen einmalig. Mit diesem Phänomen setzt sich Norbert Pümpel in seinem Zyklus „Flüchtige Erinnerungen“ auseinander. Die Werke tragen drei Zahlenangaben auf sich: ein Datum, eine Uhrzeit und die jeweils für genau diesen Zeitpunkt offiziell errechnete Weltbevölkerung. Der Rest des Bildes besteht aus abstrakter Malerei auf doppelt geschichtetem, chinesischem Reispapier. Inhaltlich könnten es Porträts von den jeweils zuletzt erfassten Personen sein, oder Gesamtporträts der jeweiligen Weltbevölkerung, aufgelöst und verschwommen in einer farblichen Substanz, oder einfach ein Abstraktum mit theoretischem Hintergrund.

Mit dem Motiv des Rasters in der Fläche und im linearen System beschäftigt sich der Maler Franz Türtscher seit Jahren und Jahrzehnten. Gegensätzliche Möglichkeiten wie etwa Horizontale und Vertikale, Helles und Dunkles oder Geschlossenes und Offenes schließen einander in seinen Kompositionen nicht aus sondern bedingen sich gegenseitig.

Begleitend zur Ausstellung „Acht ohne Gegenstand“ ist ein informativer und reich bebilderter Katalog im Verlag für Moderne Kunst Nürnberg erschienen.

 

Acht ohne Gegenstand
Ilse Aberer, Doris Fend, Tone Fink, Maria Jansa, Hubert Lampert,  Herbert Meusburger, Norbert Pümpel und Franz Türtscher
Otten Kunstraum, Hohenems
Bis 4. Oktober 2014
geöffnet jeweils jeden 1. Donnerstag im Monat von 16 bis 20 Uhr
u.n. tel. Vereinbarung