Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast. (Foto: Matthias Horn)
Karlheinz Pichler · 07. Apr 2013 · Ausstellung

Pralle, vitale Farbigkeit und „mäßigendes“ Schwarzweiß

Die Feldkircher Villa Claudia gibt anhand von 48 Öl-auf-Leinwand-Bildern derzeit einen repräsentativen Einblick in das aktuelle Schaffen des Bregenzer Malers Thomas Hoor. Hoors erfrischend und mit teils freier Geste in pastosem Öl aufgetragenen Alltagsszenerien visualisieren humorvolle Tiergeschichten, belanglose Lebensgesten, hintersinnige politische Kritisierereien oder erotische Männerphantasien.

Hoor, 1968 in Hohenems geboren und seit über 20 Jahren in Bregenz lebend und arbeitend, bezieht die Vorlagen zu seinen Werken aus Fotografien, die er selber macht, oder aus Abbildungen, die er aus Zeitschriften und Magazinen ausschneidet und kistenweise sammelt. Er hält in seinen Ölbildern Augenblicke der Zeit fest. Es sind stets kleine Geschichten, die er entweder in großzügigen freien Gesten oder in fast realistischer Exaktheit auf die Leinwand bannt.

War is over

Der besessene Maler betitelt die Ausstellung mit „nature is future“. Wie er selber sagt, ist dieser Satz eine Parodie auf den Spruch „War is over“. „Happy Xmas (War Is Over)“  ist ein Lied von John Lennon und Yoko Ono, das erstmals am 1. Dezember 1971 als Single in den USA veröffentlicht wurde. Der Text dieses Lieds basiert auf dem Slogan einer Antikriegs-Kampagne von Lennon und Ono aus dem Dezember 1969. Für diese Kampagne hat das Duo Werbeflächen auf Plakatwänden in mehreren großen Städten weltweit gemietet, darunter New York, Los Angeles, Toronto, Tokio, Rom und Berlin. Die Aufschrift lautete: “WAR IS OVER! If You Want It. Happy Christmas from John and Yoko”.

Vier große Themen

Durchwandert man die Ausstellung und versucht man, die 48 gehängten Werke inhaltlich zu ordnen, so fallen einem vier große Themen ins Auge. Zum einen die Tier- und Naturbilder, die überaus humorvoll angelegt sind und wohl bei den meisten Betrachtern ein Schmunzeln bewirken. Dazu zählen etwa der Schneeflocken fangende Eisberg (2009), die eislaufenden Enten (2011), der „Otter mit Fisch im Maul“ (2012) oder das am Boden suhlende „Zebra“ (2010), das auch gestürzt sein könnte. Eine andere Gruppe von Arbeiten beschreibt hundsgewöhnliche Lebensausschnitte und alltägliche Gegenstände. Beispiele dafür wären „Abendrot“ (2007), „Es klopft an der Tür“ (2012), „Fahrradständer“ (2008) oder „Sportverletzung“ (2011). Von Ernsthaftigkeit und schonungsloser Kritik getragen sind Exponate wie „Atomkraftwerkszentrale“ (2011), „Free Pussy Riot – Die Unschuld der Bevölkerung ekelt mich an, wenn ich durch die Fußgängerzone gehe“ (2012) und „Hot Animal Gangster“ (2010). Bei den meisten dieser Bilder bedient sich Hoor eines eminent pastosen, dicken Farbauftrages. Und auch bei der Farbwahl schöpft er aus dem Vollen. Die Bilder strotzen vor vitaler, praller Farbigkeit.

Erotizismen in Schwarzweiß

Das Thema Erotik, das die vierte Themengruppe bildet, geht der Künstler vorsichtig an. „Go home read a book“ (2012), „Pinup“ (2012), „Should I stay or should I go“ (2011) und andere sind in Schwarz-Weiß gehalten. Hoor sieht  Liebe und Sex als sensible Themen an, die er durch die schwarz-weiße „Farbgebung“ einer möglichen Plakativität entreißen möchte.

Text und Bild

Hoor erzählt in all seinen Bildern Geschichten, die dem Augenblick entrissen sind. Es sind Zeitschnitte, die von der Leichtigkeit, dem Überschwang und den Freuden des Lebens genauso berichten, wie von dessen Schwere, dem Schmerz und dem Leiden. Aber nie wirkt Hoor belehrend.

Ein weiteres auffallendes Charakteristikum sind die markanten Bildtitel und Textfragemente, die Hoor einsetzt. Sie überlagern als „Sprechblasen“ oder Untertitel die Bildinhalte als weitere Ebene, wirken mitunter wie Kürzest-Lyrik oder zitieren aus dem kulturellen „Kurzzeitgedächtnis“. So verweist beispielsweise der Sprechblasentitel „Go home read a book“ auf die amerikanische Punk-Band Black Flag, die mit ihrem Sänger Henry Rollins in den 1980ern einen großen Bekanntheitsgrad erlangte.

Schnelle Bilder sind ehrlicher

Abschließend sei noch erwähnt, dass Thomas Hoor überaus spontan und schnell arbeitet. Viele seiner Werke entstehen in gerade einmal zwei oder drei Stunden. Für Öl ist dies ein extrem kurzer Zeitraum. Dies ist nur möglich, da Hoor entsprechende Beschleuniger einsetzt. Er setzt auf diese Möglichkeit, weil für ihn schnelle Bilder viel ehrlicher seien, als Bilder, die über lange Zeiträume entstehen.

Thomas Hoor: „Nature is Future“
Villa Claudia, Feldkirch 
Bis 5. Mai 2013
Fr 16-18, Sa 15-18, So 10-12 u. 15-18
www.kunstvorarlberg.at