Tobias Grabher, die Camerata Musica Reno und Michael Köhlmeier bescherten dem Publikum ein „österliches Cineastenfest“.
Peter Füssl · 10. Sep 2014 · CD-Tipp

Andreas Schaerer/Lucas Niggli: Arcanum

„Stimme und Trommel sind die geheimnisvollsten Instrumente; es sind die ältesten, die es gibt – uralte Werkzeuge der Kommunikation.“ Große Worte, die da als Motto gelb auf schwarz im Booklet prangen, und dennoch haben der Vokalartist Andreas Schaerer und der Schlagzeuger und Perkussionist Lucas Niggli nicht die geringste Mühe, dieser Aussage in den aus insgesamt vier Stunden an Rohmaterial komprimierten 43 Minuten und 44 Sekunden Leben einzuhauchen, einzuschreien, einzuflüstern, einzuhämmern, einzutrommeln, einzuscatten, einzu......

Das ist der schiere Wahnsinn, das macht meistens Spaß, geht mitunter ob seiner – trotz aller elektronischen Verzerrungs-, Verfremdungs- und Vervielfachungsmethoden – archaisch anmutenden Urgewalt aber auch ganz schön tief unter die Haut. Das ist Kommunikation zum Exzess getrieben, mitreißende Raserei, deren Intensität gerade durch den Kontrast zu den dazwischengeschobenen leisen, geflüsterten, flirrenden Passagen potenziert wird. Die beiden Schweizer Ausnahmekönner gehen beim „instant composing“ mit unglaublichem Einfühlungsvermögen aufeinander ein, schichten und verzahnen ihre unglaublichen Outputs ineinander, treiben sich wechselseitig an und geben in Sekundenbruchteilen mit Impulsen neue Richtungen vor. Und das in einer Perfektion, dass sieben der acht Stücke als „first takes“ veröffentlicht werden konnten, und nur eines nochmals aufgenommen wurde, um verschiedene Aspekte verstärkt herauszuarbeiten und neue Akzente zu setzen. Dieser Zeit und Raum überspannenden Ekstase folgt man zumeist staunend mit offenem Mund und hat außer jenem, die Repeat-Taste zu drücken, nur noch einen dringenden Wunsch: die beiden einmal live zu erleben.
(Intakt Records)