Derzeit in den Vorarlberger Kinos: The Zone of Interest (Foto: Filmcoopi Zürich)
Peter Füssl · 24. Okt 2012 · CD-Tipp

Diana Krall: Glad Rag Doll

Diana Kralls jüngstes Album ist ein kleines Gesamtkunstwerk. Optisch wird mit dem an den legendären Fotos von den Revue-Girls der Ziegfeld Follies orientierten Coverfoto des Starfotografen Mark Seliger die Richtung schon vorgegeben. Er platziert die von der Oscar-Preisträgerin Colleen Atwood in Straps und Dessous gewandete, attraktive Blondine eindrucksvoll in Samt und Plüsch.

Die 1920er und 30er Jahre sind in jeglicher Hinsicht der Bezugsrahmen für dieses Album, allerdings natürlich aus dem Blickwinkel der erfolgreichen kanadischen Sängerin und Pianistin im Jahr 2012 betrachtet. Da gibt es keine plakative Theatralik, keine verklärende Nostalgie und auch keine musikalische Kostümierung. Mit ihrer leicht angerauten, äußerst coolen und durchaus auch erotisch wirkenden Stimme und ihrem perfekten Timing haucht sie den Songs von einst – und auch jenen jüngeren Datums – neues Leben ein. Faszinierend ist auch, wie sie dem leicht verstimmten, 120 Jahre alten Klavier Ungewohntes, etwa Blues und Boogie-Woogie-Phrasen, entlockt. Erfolgsproduzent T Bone Burnett hat Diana Krall tatkräftig dabei unterstützt, sich ihre ganze eigene Music Hall-Revue-Welt zu erschaffen, und genial schräge Individualisten wie Marc Ribot an akustischer und E-Gitarre, Ukulele, Banjo und 6-saitigem Bass, oder auch der aus dem Rock-, Pop- und HipHop-Bereich als Keefus Green bekannte Soundtüftler Keefus Ciancia machen klar, dass hier ernsthaft, aber ganz und gar nicht ohne Spaß musiziert wird. Diana Krall ist mit „Glad Rag Doll“ seit langem ihr bemerkenswertestes Album geglückt, auch wenn sie es mit leichtem Understatement „a song and dance record“ nennt. T Bone Burnett meinte im Vorfeld, es gebe ohnehin nur zwei Arten von Musik, nämlich Kriegsmusik und Sexmusik. Kriegsmusik sei das ganz sicher keine. Damit hat er sicher recht. Dankenswerter Weise ist „Glad Rag Doll“ aber auch unzählige Lichtjahre von den sexistisch vermarkteten Banalitäten unzähliger Pop-, Soul- und R’n’B-Sternchen entfernt.

(Verve/Vertrieb: www.universalmusic.at)