Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Peter Füssl · 08. Okt 2014 · CD-Tipp

Madame Baheux

Die Kontrabassistin Lina Neuner, die aus der Vojvodina stammende Geigerin und Vokalistin Jelena Popržan, die ebenfalls singende, bosnische Gitarristin Ljubinka Jokić und die Bulgarin Maria Petrova bereichern seit Jahren die vielfältige Wiener Szene in Bands wie der Wiener Tschuschenkapelle, Catch-Pop-String-Strong oder Tini Tramplers Dreckige Combo. Unter dem Phantasienamen Madame Baheux hat das experimentierfreudige Damenquartett nun ein unbetiteltes Debutalbum vorgelegt, das wahrlich alle Stücklein spielt.

Da gibt es rhythmisch vielschichtige und höchst einfallsreich arrangierte Balkan-Perlen, die mitunter einen enormen Drive entwickeln oder lässig dahingrooven, eine 80er-Jahre Jugo-Rock-Gitarre, die ganz schön druckvoll und dreckig klingen kann, wenn es gerade passt, eine fast schon hypnotisierende Geige, die Folkloristisches kunstvoll aufpeppt und ein grundsolider Kontrabass als Basis. Und dazu noch diese unter die Haut gehenden Stimmen! Aber Madame Baheux sind beileibe keine x-beliebige Balkanband. So steht ein Song des britischen Folksängers Ewan MacColls gegen die Diskriminierung der „Travelling People“ ebenso auf dem Programm wie eine rockige, serbokroatische Version von Brecht/Weills „Seeräuber-Jenny“, ein satirisches Kleinod von Georg Kreisler oder ein (Anti-)Heimatlied von Richard Schuberth in imaginärem Experimentalwienerisch. Madame Baheux schöpft aus vielen Quellen, hat ein unverkrampftes politisches Bewusstsein und durchaus auch den Schalk im Nacken. Dass im Booklet erklärt wird, worum es in den Texten der aus Serbien, Bosnien oder Mazedonien stammenden Traditionals geht, verleiht diesem schwungvollen Vergnügen einen zusätzlichen Reiz.
(www.lotusrecords.at)