Marialy Pacheco: Introducing
Weshalb die vorliegende CD „Introducing“ heißt, obwohl schon mindestens vier CDs der fabelhaften kubanischen Pianistin vorliegen, bleibt wohl ein Geheimnis der sich auch optisch wirkungsvoll in Szene setzenden Tastenvirtuosin. Vielleicht will sie ja ihren Sieg beim hoch angesehenen Solo-Piano-Wettbewerb des Montreux Jazz Festivals 2012, den sie als erste Frau überhaupt gewonnen hat, für einen künstlerischen Neustart nützen.
Wie auch immer, „Introducing“ ist jedenfalls mit tatkräftiger Unterstützung der beiden Kolumbianer Juan Camillo Villa am Bass und Miguel Altamar an den Drums ein brillantes Album geworden. Marialy Pacheco versteht es perfekt, die emotional mitreißende Vitalität der kubanischen Musik mit der coolen Sophistication des zeitgenössischen Jazz in Einklang zu bringen, sodass sich diese beiden Elemente in ihrer Wirkung wechselseitig potenzieren. Die Hälfte der Titel, darunter eine dreiteilige „Cuban Suite“ zu den Tanzformen Rumba, Danzón und Conga, sind originelle Eigenkompositionen, die das kreative Potential der Pianistin eindrucksvoll unter Beweis stellen. Den vier Standards prominenter kubanischer Komponisten nähert sich Pacheco mit respektvoller Nonchalance, bringt ihre Melodienseligkeit und ihr tänzerisches Feuer zur Geltung, überträgt sie aber gleichzeitig in ein Modern Jazz-Idiom, das auch Monk verstanden hätte, um dann frei und lustvoll zwischen diesen beiden Ebenen hin- und herzuswitchen. Sie trifft perfekt die Balance zwischen Intellekt und Emotion, zwischen virtuoser Technik und überschäumender Spielfreude. Eine schöne Abwechslung ist die mit zauberhaft zarter Stimme gesungene Ballade „Madrigal“, der deutsche Trompeter Joo Kraus und der quirlig-kraftvolle marokkanische Perkussionist Rhani Krija veredeln ebenfalls jeweils zwei Titel mit ihren Gastauftritten. Und nach bald 70 Minuten Spielzeit hat man nur noch einen Gedanken: Repeat!
(Neuklang)