Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Peter Füssl · 09. Jun 2014 · CD-Tipp

Rebekka Bakken: Little Drop of Poison

Es ist ein interessantes Experiment, wenn sich die wunderbar klar und perfekt intonierende Rebekka Bakken mit ihrer Drei-Oktaven-Stimme an den großartig schrägen Songs des unverwechselbaren Grummlers und Raunzers Tom Waits versucht.

Dass es glückt, liegt einmal daran, dass es der dem Singersongwriting nahe stehenden Norwegerin gelingt, all die Geschichten von Säufern und Hobos, Misanthropen und Liebeskranken zu ihren eigenen zu machen. Und wenn sie sich auf den Waits’schen Stil näher einlässt, etwa in genialen Interpretationen von „Bad As Me“, „Just The Right Blues“, „Time“, „If I Have To Go“ oder „What’s He Building“, dann ohne sich dem auf seine Art ohnehin unerreichbaren Original anzubiedern. Vielmehr ist die Dosis stets so gehalten, dass sich auch eingefleischte Waits-Fans mit Bakkens Versionen anfreunden können. Ganz wesentlich zum Erfolg hat Jörg-Achim Keller, der auch die Idee zu diesem Projekt hatte, beigetragen, indem er Waits’ hinreißende Melange aus Bar-Jazz, Elektroblues, Country-Walzern, Vaudeville, Brecht/Weill-Moritaten und Pianoballaden mit großer Sensibilität und einem feinen Gespür für Stimmungen und wohlüberlegte Effekte für die bestens disponierte 18-köpfige Bigband des Hessischen Rundfunks arrangiert hat. Und wenn das Album auch etwas brav anläuft – vielleicht um die Bakken-Gemeinde auf das einzustimmen, was da noch kommen mag –, darf man sich sicher sein, dass das Gift spätestens ab dem dritten Song zu wirken beginnt und die brillante Sängerin auf dem für sie eher ungewohnten Terrain ganz groß in Fahrt kommt.
(Emarcy/Universal)