Tobias Grabher, die Camerata Musica Reno und Michael Köhlmeier bescherten dem Publikum ein „österliches Cineastenfest“.
Peter Füssl · 29. Jul 2013 · CD-Tipp

Susanne Abbuehl: The Gift

Selten bilden Musik und Lyrik solch eine perfekte Einheit, wachsen aneinander und eröffnen sich wechselseitig neue Interpretationsebenen, wie in den Produktionen der Schweizer Sängerin Susanne Abbuehl. Sie bewegt sich mit ihrem angenehmen Alt in einer poetisch-musikalischen Sphäre, die gerade wegen ihrer Unaufgeregtheit so fesselnd, wegen ihrer Präzision so bewusstseinserweiternd wirkt. Hier erscheint alles völlig spontan, und trotzdem bleibt nichts dem Zufall überlassen.

Susanne Abbuehl nimmt sich Zeit – das ist erst ihre vierte Produktion in sechzehn Jahren – und sie entführt ihre Zuhörer aus dem Hier und Jetzt, um sie in ein völlig abgekoppeltes Wort-Klang-Universum eintauchen zu lassen. Der einfühlsame holländische Pianist Wolfert Brederode ist seit zwanzig Jahren ein idealer Wegbegleiter, aber auch mit den beiden Neuzugängen in ihrer Band, dem unglaublich ausdrucksstarken Schweizer Flügelhornisten Matthieu Michel und dem hochsensiblen finnischen Perkussionisten Olavi Louhivuori scheint Abbuehl in einer höchst wirkungsvollen telepathischen Verbindung zu stehen. Allein schon das einzigartige Wechselspiel zwischen Susanne Abbuehls Stimme, die sie auch als Klanginstrument einsetzt, und Matthieu Michels verhalten verhallendem Flügelhornton, ist ein faszinierendes Erlebnis. Während Abbuehl früher auf Komponisten wie Carla Bley, Chick Corea oder Thelonious Monk zurückgriff, schreibt sich die Sängerin mittlerweile ihren musikalischen Kosmos größtenteils selber zurecht, macht ihn ideal passend für die wunderbaren Gedichte von Emily Dickinson, Sara Teasdale, Emily Brontë oder Wallace Stevens, bringt alles zusammen ins Schwingen und Fließen. Für Musik- und für Lyrik-Fans ist „The Gift“ gleichermaßen ein wahres Geschenk!
(ECM/Vertrieb: www.lotusrecords.at)