Tobias Grabher, die Camerata Musica Reno und Michael Köhlmeier bescherten dem Publikum ein „österliches Cineastenfest“.
Peter Füssl · 09. Apr 2014 · CD-Tipp

Vijay Iyer: Mutations

Der indischstämmige New Yorker Pianist Vijay Iyer hat in den vergangenen Jahren für eine Vielzahl an Solo- und Trio-Projekten und für Produktionen mit dem großartigen Altsaxophonisten Rudresh Mahanthappa dies- und jenseits des Atlantiks hervorragende Kritiken erhalten, tatsächlich ist er aber mit seinen in Yale absolvierten Studien der Mathematik und Physik und einem interdisziplinären Doktortitel in Technologie und Geisteswissenschaften in vielerlei Hinsicht eine singuläre Erscheinung. Dementsprechend komplex klingt auch das erste Album, das das eben erst zum Professor für Musik an der Harvard University bestellte 42-jährige Multi-Genie für Manfred Eichers renommiertes ECM-Label eingespielt hat.

Im Zentrum steht die zehnteilige, 45 Minuten lange und 2005 uraufgeführte Suite „Mutations“ für Streichquartett, Piano und Elektronik, mit der sich Iyer weit weg vom von ihm ohnehin schon sehr weit ausgedehnten Jazz-Terrain und tief hinein in die zeitgenössische Kammermusik bewegt. Dem Titel entsprechend geht es in allen zehn Zellen und Fragmenten um die verschiedenartigen Möglichkeiten des Wandels, wobei er akustische und elektronische Elemente  ebenso kunstvoll ineinander verwoben hat wie durchkomponierte und frei improvisierte Passagen. Selbst für ihn verblüffende Resultate erzielte Iyer mit dem Versuch, den Streichern eine Reihe von Instruktionen und eine ganze Palette an notierten Elementen bereitzustellen, aus denen sie selber spontan frei auswählen können. Vijay Iyers ganz besonderes Gespür für die Streicher kommt natürlich nicht von ungefähr, vielmehr hat er fünfzehn Jahre lang klassische Violine gelernt und in Streichquartetten gespielt, ehe er sich autodidaktisch das Klavierspielen beibrachte. „Mutations“ eröffnet ein ganzes Universum an Stimmungen und melodischen und rhythmischen Facetten und gereicht gleichermaßen zum anspruchsvollen intellektuellen wie zum außergewöhnlichen ästhetischen Vergnügen. Passend eingerahmt wird die Suite von drei Stücken für Solopiano und Electronics, die weitere Aspekte im vielschichtigen kompositorischen und improvisatorischen Schaffen dieses Ausnahmekünstlers aufzeigen, aber auch als Schaufenster seiner instrumentalen Meisterschaft dienen.
(ECM/www.loturecords.at)