Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Peter Füssl · 02. Feb 2015 · CD-Tipp

Vijay Iyer Trio: Break Stuff

Der New Yorker Ausnahme-Pianist und Komponist Vijay Iyer nennt Ahmad Jamal, Andrew Hill und Duke Ellingtons „Money Jungle“-Album als seine persönlichen Einflüsse, betont aber, dass die Band auch von James Browns Rhythm Section, von Jimi Hendrix Band of Gypsys, von Miles Davis’ Rhyhtm Section, natürlich auch von jener Charlie Parkers, oder vom Soul der 1970er Jahre, von elektronischer Musik und vom neuesten Hip-Hop inspiriert werde.

Auf dem neuen Album selber finden sich unkonventionell bearbeitete Stücke dreier ganz besonders wichtiger Vorbilder: Thelonious Monks „Work“, John Coltranes „Countdown“ und eine Piano-Solo-Version von Billy Strayhorns „Blood Count“. „Hood“ ist eine Hommage an den Detroiter Techno-Produzenten und DJ Robert Hood, und „Mystery Woman“ basiert auf einem südindischen Rhythmus, den Iyer von der Perkussionistin Rajna Swaminathan gehört hat. Dazu kommen Eigenkompositionen, die Iyer ursprüngliche für andere Projekte, größere Ensembles geschrieben hat. Wie geht das nun alles zusammen? Ganz einfach: man bricht die unterschiedlichen Materialien in kleinste Einheiten auf, die dann vom Trio in freien Improvisationen wieder zusammengesetzt, wenn man so will, rekomponiert werden. Ein interessantes intellektuelles Konzept, das in seiner klischeefreien musikalischen Umsetzung aber durchaus vergnüglich ist und keineswegs unter kopflastiger Blutleere leidet. Möglich wird das vor allem dadurch, dass sich Kontrabassist Stephan Crumb, Schlagzeuger Marcus Gilmore und Vijay Iyer nun schon seit 11 Jahren trotz vieler anderer Projekte äußert intensiv im Trio miteinander auseinandersetzen und längst ihr ureigenes, stets erweiterbares Vokabular entwickelt haben. Der Bandleader bezeichnet seine spieltechnisch unglaublich versierten Partner denn auch als „Co-Konstrukteure“, die mit ihm immer wieder aufs Neue zu musikalischen Reisen in bislang unerforschte Territorien aufbrechen, um neue Energiequellen anzuzapfen. „Break“ kann aber natürlich auch „Pause“, „Unterbrechung“ bedeuten, jener weiße Fleck also, aus dem heraus sich alles zu neuem Leben entwickelt. Der Deutungsmöglichkeiten gibt es viele. Faszinierend!

(ECM/www.lotusrecords.at)