Tobias Grabher, die Camerata Musica Reno und Michael Köhlmeier bescherten dem Publikum ein „österliches Cineastenfest“.
Peter Füssl · 02. Jul 2014 · CD-Tipp

Yann Tiersen: ∞ (Infinity)

Der Soundtrack zu Jean-Pierre Jeunets „Die fabelhafte Welt der Amélie“ machte ihn über Nacht berühmt, jener zu Wolfgang Beckers „Good-Bye Lenin!“ festigte seinen Ruf als genialer Schöpfer verträumt verspielter Filmmusiken. Aber der 44-jährige Multiinstrumentalist, der zurückgezogen auf einer Insel vor der Bretagne haust, sieht sein musikalisches Universum wohl etwas weiter gespannt, wie der Titel „∞ (Infinity)“ vermuten lässt.

Aber man muss nicht um alle mathematischen, philosophischen oder theologischen Implikationen des Unendlichkeitszeichens Bescheid wissen, um diese versponnenen Welten aus minimalartigem Elektronik-Geklimper und –Gezirze, Naturgeräuschen, Spielzeug-Pianoklängen, Glockenspielkaskaden, Rock-Drums, Bass-Grooves und geheimnisvollen Texten auf Bretonisch, Isländisch oder Färöisch (die englische Übersetzung wird praktischerweise gleich mitgeliefert) zu lieben. Ein Großteil der Titel ist auf Island entstanden, die wichtige Akzente setzenden Streicher spielen normalerweise mit Sigur Rós, und „∞ (Infinity)“ wirkt auch streckenweise wie eine etwas leichtere und lichtdurchflutetere, „melancholy goes pop“-Variante des melancholisch-düsteren Sigur Rós-Kosmos. Trotz der Vielzahl an musikalischen Einfällen und der Liebe zum vertrackten Detail wirkt alles sehr stimmig und wie aus einem Guss, die fabelhafte Soundwelt des Yann schleicht sich wie ein Zauberspruch durch die Gehörgänge in das Gemüt, um dort seine geheimnisvolle Wirkung zu entfalten.

(Mute Artists)