Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Gunnar Landsgesell · 18. Jul 2013 · Film

7 Tage in Havanna

Kuba hat noch keineswegs abgewirtschaftet, wenn es um Themen wie Musik, Sex, Rum und ein buntes Leben geht. Sieben Regisseure reisten an, um dazu neue Variationen zu liefern. Großteils nach bekanntem Muster.

Eine Episode aus „7 Tage in Havanna“ ist tatsächlich erfrischend. Ein sturzbetrunkener Regisseur – Emir Kusturica spielt sich selbst – ist auf dem Filmfest als Stargast eingeladen. Er torkelt aus dem Flugzeug, taucht kurz in einer Disco unter, schon wieder eine Rumflasche an den Lippen und kurz vor seinem Auftritt im Kino finden die ziemlich überforderte Gästebetreuerin und der nicht minder sprachlose Festival-Chauffeur ihren Star nahezu bewusstlos im Hotelzimmer vor. Die Bemühungen der beiden, den Gast respektvoll durch die Stadt und zu seinen offiziellen Terminen zu lenken, entbehrt nicht einer gewissen Komik. Kusturica selbst hängt währenddessen vor allem an seinem Handy, mit dem er Dialoge auf serbisch führt, die keiner versteht. An einem Punkt wirft er das Telefon einfach ins Meer. So ein Anarchist eignet sich auch ideal, um den Klischees, denen sich Filme, die in Kuba spielen, offenbar nie ausschlagen können, zwar nicht zu verweigern, aber sie zumindest auf witzige Weise herauszufordern. In der Episode des Argentiniers Pablo Traberos äußert sich das so: Rum und Musik geben zwar die Eckdaten dieser b’soffenen Geschichte ab, doch affirmiert wird dieses Kuba-Klischee nicht. Auch wenn sich der schwarze Chauffeur schon bald als begnadeter Jazz-Musiker erweist, bleibt die Ironie nicht aus: Traberos lässt das personifizierte Chaos in Form von Kusturica auf den armen Mann los: Seine Musik sei so wunderbar, dass er unbedingt an seinem nächsten Film mitarbeiten müsste. Der Taxler nickt stoisch zu den offensichtlich leeren Versprechungen, dann liefert er ihn zur Rückreise am Flughafen ab und scheint froh, von der Begeisterung solcher Gäste wieder seine Ruhe zu haben.

Kubabilder: Improvisation und Musik

Andere Episoden von „7 Tage in Havanna“ erweisen sich an solchen thematischen Brechungen weniger interessiert. Geradezu schwülstig fällt die Begegnung eines Musik-Managertypen (Daniel Brühl) mit einer jungen kubanischen Musikerin aus. Er will sich mit einem erotischen Abenteuer brüsten, sie hofft darauf, einem perspektivlosen Leben zu entkommen. Julio Medem simplifiziert und stilisiert maßlos, seine Bilder entfalten ein vor allem ungewolltes Grausen. Gaspar Noé, der sich als Freund provokativer Gewaltdarstellungen („Irreversibel“) einen Namen gemacht hat, schiebt in die sonnig-malerischen Kuba-Bilder ein paar Minuten Voodoo-Ritual ein: ein lesbisches Mädchen wird vom Schamanen im Dämmerlicht von ihrer Sexualität geheilt. Die Idee dieser Episode folgt einer formalen und inhaltlichen Konzentration, immerhin – originell ist das aber auch nicht unbedingt. Ratlos wirkt Schauspielstar Benicio del Toro, der auf eine Regie eingeladen wurde und fast eine Klamotte auspackt. Der junge wohlbehütete Amerikaner (Josh Hutcherson) trifft bei seinem Sexabenteuer, huch, auf einen Ladyboy. Die Insel als chaotische, von Improvisation, kultischer Religion und viel Authentizität getragenes Märchenland zelebriert Laurent Cantet („Die Klasse“) in seinem Kurzfilm. Eine resolute ältere Frau lässt sich von freudigen Helfern kurzerhand einen Jungfrau-Gottes-Altar samt undichtem Wasserbecken in ihrer Wohnung basteln und verkörpert damit nicht zuletzt das Bild von Lebensfreude, für das das Land des maximo leader so gerne besucht wird. Das gilt gerade auch für diesen Film.