Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Walter Gasperi · 01. Jän 2015 · Film

Aktuell in den Filmclubs (2.1. - 8.1. 2015)

Das Filmforum Bregenz zeigt diese Woche Alice Rohrwachers in Cannes preisgekrönten zwischen Realismus und Märchen balancierenden zweiten Spielfilm „La Meraviglie – Land der Wunder“. Im Schlosskino Balzers steht dagegen mit „The Theory of Everything - Die Entdeckung der Unendlichkeit“ ein zwar konventionell inszeniertes, aber großartig gespieltes Biopic über den Physiker Stephen Hawking auf dem Programm.

La meraviglie – Land der Wunder: Fernab der modernen Welt lebt die Familie der zwölfjährigen Gelsomina in der Toskana von Honigproduktion und Gemüseanbau. Doch mit einer Fernsehshow, für die das Mädchen ihre Familie anmeldet, lernt sie eine ganz andere Welt kennen.
Von eigenen Erfahrungen Alice Rohrwachers, die mit ihrer Schwester Alba, die Gelsominas Muttter spielt, auf einem Bauernhof in der Toskana aufgewachsen ist, ist der in den 1980er Jahren spielende Film inspiriert. Wunderbar folgt Kamerafrau Hèlène Louvart mit agiler Handkamera nah den Figuren, presst keine Geschichte hinein, sondern lässt sich viel Zeit um quasidokumentarisch die alltägliche Arbeit zu schildern.
In der Fokussierung auf dieses ursprüngliche Milieu und dem dokumentarischen Blick erinnert „Land der Wunder“ an Tizza Covis und Rainer Frimmels „Babooska“ und „La Pivellina“, aber auch an den italienischen Neorealismus, in dessen Tradition ja auch Covi/Frimmelt stehen.
Denn in das Dokumentarische schleichen sich hier ganz selbstverständlich immer wieder märchenhaft-poetische Momente ein, die eine traumhafte Atmosphäre erzeugen. An die Filme Federico Fellinis erinnert aber nicht nur dieser Mix der Ebenen, sondern auch der Name Gelsomina, hieß doch schon die Protagonistin in „La strada“ so und schließlich auch die Medienkritik, die Rohrwacher übt.
Denn schärfer als "Land der Wudner" kann man die Verlogenheit und Künstlichkeit dieser TV-Welt, die in grellem rotem Licht, absurden pseudo-etruskischen Kostümen der Teilnehmer der Show und einer jede Wortmeldung kontrollierenden Moderatorin (Monica Belluci) zum Ausdruck kommt, nicht zeigen.
Gerade der Kontrast zur archaischen Welt von Gelsominas Familie, die die 33-jährige Regisseurin nicht verklärt, aber bei aller Härte dieses Lebens und den Spannungen zwischen den Familienmitgliedern immer auch die Herzlichkeit und die engen Bindungen spüren lässt, macht die Fallhöhe zwischen diesen Welten eindringlich erfahrbar.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Fr 2.1. + Sa 3.1. - jeweils 22 Uhr


The Theory of Everything - Die Entdeckung der Unendlichkeit: Der Brite Stephen Hawkings gehört – nicht zuletzt wegen seiner ALS-Erkrankung - zu den berühmtesten Wissenschaftlern unserer Zeit. Der für den Dokumentarfilm „Man on a Wire“ mit dem Oscar ausgezeichnete James Marsh interessiert sich in seinem Biopic aber weniger für Hawkings wissenschaftliche Leistungen, sondern zeichnet vielmehr nach den Memoiren von Hawkings erster Frau Jane Wilde („Die Liebe hat elf Dimensionen. Meine Leben mit Stephen Hawking“) die Geschichte dieser Beziehung von der ersten Begegnung in Cambridge im Jahre 1963 über die kurz darauf diagnostizierte Krankheit bis in die 1990er und den sukzessiven körperlichen Verfall von Hawkings nach.
Eindringlich vermittelt Eddie Redmayne durch Mimik, Gestik und Blicke die körperliche Behinderung des Physikers ebenso wie seinen stets regen Geist und trotz allem bissigen Witz. Wunderbar zurückhaltend spielt Felicity Jones seine Frau als ruhenden Pol, die sich hingebungsvoll um ihren Mann kümmert, ihr Leben ihm gänzlich unterordnet. – Offen bleibt freilich, inwieweit die Autorin bei ihren Memoiren einiges geschönt hat.
Auf Dramatisierung verzichtet Marsh weitgehend, spielt Konflikte und Krisen nicht breit aus, sondern deutet sie vielmehr ebenso beiläufig an wie die vielfältigen Gegensätze, die hier mitschwingen. Denn da steht nicht nur dem Atheismus von  Hawking der Glaube seiner Frau und der Romantik die kühle Wissenschaft gegenüber, sondern eben auch die Begrenzungen und die Bewegungsunfähigkeit, die gerade Hawking durch seine Krankheit erfahren muss, der sich beruflich mit der Unendlichkeit und der Zeit beschäftigt.
Mit letzterer spielt auch Marsh teils beiläufig, wenn er den Verfall im Lauf der Zeit sichtbar macht, teils offensiv, wenn er in grobkörnigem Home-Video-Stil Ereignisse wie Hochzeit und Geburt der Kinder rafft, oder im Finale die Ereignisse rückwärts laufen und den Film wieder mit dem ersten Bild enden lässt.
Schlosskino Balzers: Fr 2.1., 18.30 Uhr; Sa 3.1., 20.30 Uhr; So 4.1., 18.30 Uhr; Mo 5.1., 20.30 Uhr