Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Walter Gasperi · 14. Mär 2013 · Film

Aktuell in den Filmclubs (15.3. - 21.3. 2013)

Im Filmforum Bregenz läuft diese Woche „Der Fall Wilhelm Reich“, in dem Antonin Svoboda mit Klaus Maria Brandauer in der Titelrolle die letzten zehn Lebensjahre des Psychoanalytikers und Sexualforschers Wilhelm Reich nachzeichnet. Ein Meisterwerk aus Japan steht mit Hirokazu Kore-Edas „Nobody Knows“ im Kunstmuseum Liechtenstein auf dem Programm.

Der Fall Wilhelm Reich: Ausgehend von einem Prozess gegen den Psychoanalytiker und Sexualforscher Wilhelm Reich im Jahre 1955 zeichnet Antonin Svoboda in Rückblenden die letzten zehn Lebensjahre Reichs, der 1939 in die USA emigriert war, nach.
Man sieht den Landschaftsaufnahmen zwar nicht an, dass der Film nicht im Südwesten der USA, sondern in Österreich gedreht wurde, aber allzu brav erzählt Svoboda Szene um Szene nach. Das Bemühen um historische Genauigkeit und Faktentreue erweist sich gerade als Hemmschuh. Sovoboda will nämlich sowohl Einblick in die Lehre Reichs bieten als auch seine Bespitzelung durch das FBI aufzeigen. Folge davon ist, dass in der Handlungsfülle keine Szene verdichtet wird. Keine Figur gewinnt wirklich Profil, weil den Stars wie Klaus Maria Brandauer, Julia Jentsch und Birgit Minichmayr, deren englischen Dialoge zudem zum Teil hölzern wirken, zu wenig Raum zum Spiel gelassen wird. Ohne Spannungskurve plätschert so der Bilderbogen recht behäbig dahin und lebt allein von seinem interessanten Thema.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Mi 20.3., 20 Uhr; Fr 22.3., 22 Uhr


Nobody Knows: Eine allein erziehende Mutter verlässt wortlos ihre vier Kinder. Diese versuchen, um nicht auseinander gerissen zu werden, selbst ihren Alltag in der kleinen Stadtwohnung zu organisieren und den Schein einer intakten Familie nach außen aufrecht zu halten.
Ganz unspektakulär, mit einem genauen dokumentarischen Blick für das Alltägliche vom Lernen von Schreiben und Rechnen übers Putzen der Zähne bis zum Abwasch und zum Spielen, immer nah an den phänomenalen Kinderdarstellern schildert der Japaner Hirokazu Kore-eda die Zuspitzung der Situation und den langsamen Verfall einer Familie. Statt den Zuschauer mit Emotionen zu überrumpeln steigert Kore-eda mit seiner schleichenden Inszenierung stetig das Mitgefühl für die Alleingelassenen und zeigt per negativum, was Kindheit ausmacht.
Die kleinen Momente machen diesen leisen Film der stillen Trauer zu einem Meisterwerk: der Blick auf die Füße des einen, in das reizende Gesicht des anderen Kindes, auf den Wirbelwind Shigeru oder der Gang Akiras mit seiner kleinen Schwester durch die nächtliche Stadt.  - Die Kamera ist immer auf der Höhe der Kinder, solidarisiert sich ganz mit ihnen, wird zum Mitbewohner in der engen Wohnung,
Ganz beiläufig wird so bitterste Not sichtbar und rar sind die Momente des Glücks, die als einzige von Musik begleitet werden. Aufs Moralisieren verzichtet Kore-eda dabei, auch die Mutter wird nicht verteufelt. „Nobody Knows“ wahrt Distanz, entwickelt aber durch die unendlich geduldige, insistierende Beobachtung eine Intensität, die diesen Film lange nachwirken lässt und den Zuschauer Kinder, im speziellen ihre Zerbrechlichkeit und ihre Bedürfnisse, mit neuen Augen sehen lässt.
Kunstmuseum Liechtenstein, Vaduz: Do 21.3., 20 Uhr