Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Walter Gasperi · 16. Okt 2014 · Film

Aktuell in den Filmclubs (17.10. - 23.10. 2014)

Auf dem Programm des Filmforum Bregenz steht diese Woche mit „Violette“ Martin Provosts Biopic über die feministische Schriftstellerin Violette Leduc. Fernand Melgar blickt dagegen im Dokumentarfilm „L´abri“, der im Takino Schaan läuft, auf eine Notunterkunft für Obdachlose in Lausanne.

Violette: Fünf Jahre nach seinem Film über die naive Malerin Séraphine Louis widmet sich Martin Provost der von Simone de Beauvoir geförderten feministischen Schriftstellerin Violette Leduc (1907 - 1972).
Provost spart Violettes Kindheit aus und lässt seinen Film erst in den 1940er Jahren einsetzen. In sechs Kapiteln, die die Namen von Personen und Orten tragen, die für die Entwicklung der Schriftstellerin wichtig waren, spannt Provost den Bogen von Violettes Scheinehe mit dem homosexuellen Schriftsteller Maurice Sachs bis zum Ort Faucon in der Provence, wo sie in den 1960er Jahren ihr Glück fand.
Provost entwickelt kein breites Zeitbild, sondern fokussiert ganz auf die von Emmanuelle Devos ebenso kämpferisch wie zerbrechlich und verzweifelt gespielte Violette Leduc und ihre Wegbegleiter. Im Zentrum steht dabei ihre Beziehung zu Simone de Beauvoir, die Sandrine Kiberlain als kühle, aber entschlossen ihren Weg gehende Frau spielt. Von deren ersten Buch „L`Invitée“ ist Violette so fasziniert, dass sie ihr ein Manuskript übergibt, das unter dem Titel „L`Asphyxie“ bald von Albert Camus beim renommierten Verlag Gallimard herausgegeben wird, doch kein Erfolg wird.
Während de Beauvoir Triumphe feiert, zu Vortragsreisen in die USA eingeladen wird, mit „Le Deuxième Sexe“ 1949 einen Welterfolg landet und für „Les Mandarins“ (1954) mit dem Prix Goncourt ausgezeichnet wird, wird Leducs autobiographischer Roman „Ravages“ (1954) von der Zensur radikal gekürzt: Die schonungslose Offenheit, mit der sie detailliert von ihrer lesbischen Liebe im Internat und einer Abtreibung erzählte, wurde zu dieser Zeit noch nicht toleriert.
Wie mit „Séraphine“ gelingt Provost so mit „Violette“ die Rehabilitierung einer lange Geschmähten und Ignorierten und setzt der 1972 an Krebs verstorbenen Feministin ein einfühlsames und bewegendes Denkmal.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Sa 18.10., 22 Uhr


L´abri:
Nach einem Empfangszentrum für Asylsuchende in „La Forteresse“ (2008) und dem Alltag in der Abschiebehaft in „Vol special“ (2011) blickt der Westschweizer Fernand Melgar in „L´abri“ auf eine nur im Winter geöffnete Notunterkunft für Obdachlose in Lausanne.
Kommentarlos, ohne Hintergrundinformationen und ohne Musik dokumentiert Melgar im Direct Cinema-Stil den Kampf am Eingang um einen der nur 50 Plätze, die Suche nach „Ersatzschlafplätzen“ auf wärmenden Lüftungsschächten, in Unterführungen oder Schuppen, aber auch die Überforderung des Personals der Notschlafstelle.
Im insistierenden Blick macht „L`abri“ zwar eindrücklich und bewegend eine erschütternde Realität bewusst. Bohrend schaut da einer hin, wo man sonst gerne wegschaut, doch neue Erkenntnisse und Einblicke vermag dieser Film kaum zu vermitteln, sondern wiederholt während seiner 100 Minuten Spielzeit in Variationen auch immer wieder dasselbe, übt bissige Kritik nur in wenigen Bildern, wie in der Werbung für ein Steakhouse hinter einer bettelnden Frau, oder dem Schweizer Kreuz auf der Mütze eines Obdachlosen.
Takino Schaan: Fr 17.10. + Mo 20.10. - jeweils 18.30 Uhr
Kino Madlen, Herrbrugg: Mo 24.11., 20.15 Uhr