Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Walter Gasperi · 16. Mai 2013 · Film

Aktuell in den Filmclubs (17.5. - 23.5. 2013)

Mit „Little Alien“ zeigt das Theater am Saumarkt diese Woche einen Dokumentarfilm über „Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge“. Die Grenzen zwischen Dokumentar- und Spielfilm verschwimmen dagegen in Tizza Covis und Rainer Frimmels „Der Glanz des Tages“, der vom Filmforum Bregenz gezeigt wird.

Little Alien: Nina Kusturica begleitet in ihrem Dokumentarfim kommentarlos mit der Kamera zwei junge Somalierinnen und zwei Afghanen, die als „Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge“ auf die Behandlung ihres Asylantrags warten. Das Leben im Flüchtlingslager Traiskirchen bleibt aufgrund des Drehverbots ausgeblendet, in den Mittelpunkt rückt dafür das Alltägliche: die Auswahl von Kleidern in einem Caritas-Kleiderlager, eine Geburtstagsfeier, das Rauchen einer Wasserpfeife in einem Lokal, Gespräche über Schönheitsoperationen, Jungs und Mädchen bis hin zu einer ausgelassenen Schneeballschlacht in alpinem Gelände.
Auch in der Ausnahmesituation eines Flüchtlingsschicksals, dessen Tragik auch in der Kopfschussverletzung der jungen Somalierin Asha oder in der traumatischen Erinnerung Achmads an seine Flucht mit dem Boot nach Lampedusa, die er als einziger überlebte, anklingt, geht das Leben irgendwie normal weiter, und trotz der wie ein Damoklesschwert über ihnen hängenden Entscheidung über ihren Asylantrag bleiben die Protagonisten Jugendliche mit ganz normalen Sehnsüchten und Wünschen.
Schlaglichtartig blickt Kusturica auch immer wieder an die Grenzen Europas, zu jugendlichen Flüchtlingen im griechischen Patras und  an der nordafrikanischen Küste, wo Teenager in notdürftigen Unterschlüpfen oder auf den Straßen leben und versuchen, die streng bewachten Grenzen und den Wall nach Europa zu überschreiten.
So weitet sich „Little Alien“ von der unaufgeregten Schilderung des Alltags jugendlicher Flüchtlinge in Österreich zum Bild eines reichen Kontinents, der sich wie eine Festung ohne Rücksicht auf menschliches Leid nach Außen abschottet.
Theater am Saumarkt, Feldkirch: Fr 17.5., 19 Uhr


Der Glanz des Tages: Philipp Hochmair ist ein in Hamburg und am Wiener Burgtheater gefeierter und viel beschäftigter Schauspieler. Er ist ebenso eine reale Person wie der Zirkusartist und Bärendompteur Walter Saabel, der schon in „La Pivellina“, dem letzten Film von Tizza Covi und Rainer Frimmel eine Hauptrolle spielte. Saabel besucht am Beginn von „Der Glanz des Tages“ Hochmair in Hamburg und stellt sich als sein Onkel Walter vor. Hochmair nimmt den älteren Mann für einige Tage auf, später wird Saabel ihn in Wien besuchen.
Real sind die Figuren, real die Proben und Bühnenauftritte Hochmairs. Unentscheidbar ist, wo hier die Fiktion beginnt, so lebensnah ist die Inszenierung. Covi/Frimmel entwickeln keine dramatische Geschichte, sondern lassen ihren Film sich von der Begegnung ausgehend anscheinend selbst entwickeln, schauen zu, was Hochmair und Saabel machen, wem sie begegnen und was sich daraus ergibt.
Dem klassischen Storytelling ist das diametral entgegengesetzt, entwickelt aber im genauen Blick für die Personen und ihr Umfeld – auch wenn die Begegnung von Hochmair und Saabel sowie alles Folgende reine Inszenierung ist - eine Wahrhaftigkeit und Echtheit, die packen und ihresgleichen suchen.
Ganz langsam dringt "Der Glanz des Tages" dabei immer tiefer, stellt immer plastischer der Theaterwelt, in der sich Hochmair zu verlieren droht, die Realität gegenüber, die Saabel geprägt hat. Behutsam kommt Stück für Stück seine schwere Lebensgeschichte zu Tage, die ihn dazu bewegen wird einer moldavischen Flüchtlingsfamilie in Wien zu helfen.
Ganz aus der Beobachtung der Menschen heraus entwickelt sich die Handlung, treten die unterschiedlichen Lebenskonzepte und -welten von Hochmair und Saabel, aber auch die Differenz zwischen abgehobener Theaterwelt und realen sozialen Problemen, von Schein und Sein zu Tage.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Sa 18.5., 22 Uhr