Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Walter Gasperi · 20. Mär 2014 · Film

Aktuell in den Filmclubs (21.3. - 27.3. 2014)

Im Filmforum Bregenz läuft diese Woche die Literaturverfilmung „Stein der Geduld“, in der Autor und Regisseur Atiq Rahimi von der Befreiung einer Muslimin aus der Abhängigkeit erzählt. Der Spielboden Dornbirn zeigt dagegen im Rahmen einer Reihe mit Filmen aus dem Programm des Linzer Filmfestivals Crossing Europe das starke norwegische Drama „Oslo, 31. August“.

Oslo, 31. August: Der Norweger Joachim Trier hat sich von Pierre Drieu La Rochelles 1931 erschienenem und 1963 schon von Louis Malle verfilmtem Roman „Le feu follet“ zu seinem zweiten Spielfilm inspirieren lassen, verlegt die Handlung aber ins spätsommerliche Oslo der Gegenwart.
Einst stand dem aus gutbürgerlichem Haus stammenden Anders als Journalist das Leben offen, doch irgendwann stürzte er ins Drogenmilieu. Sechs Jahre vergingen mit Sucht und Entzug in einer Klinik auf dem Land. Jetzt wird er bald entlassen und darf für ein Vorstellungsgespräch für einen Tag in die Stadt.
Auf Schritt und Tritt folgt die Kamera dem von Anders Danielsen Lie eindringlich gespielten Protagonisten durch Oslo, begleitet ihn bei einem Vorstellungsgespräch, beim Besuch eines Freundes oder auf eine Party und in eine Disco. Bestechend vermittelt Trier so Anders Gefühl der Fremdheit und Verlorenheit. Immer bewusster wird ihm, wie sehr für ihn das Leben stehen geblieben ist, während es für die Freunde, die inzwischen Familien haben, weiter gegangen ist.
„Ich bin 34 und habe nichts“ stellt Anders fest, doch auch die Freunde bieten Einblick in das Scheitern ihrer Lebensträume. - Nichts weniger als die Frage nach dem Lebenssinn wirft dieses bedrückende Drama auf und verzichtet dabei auf leichtfertige Antworten.
Spielboden Dornbirn: Fr 21.3., 20.30 Uhr; Do 10.4., 20.30 Uhr

Stein der Geduld: Wie seinen Debütroman „Erde und Asche“ (2004) verfilmte der in Afghanistan geborene und seit 1984 in Frankreich lebende Atiq Rahimi auch seinen 2008 mit dem renommierten Prix Goncourt ausgezeichneten Roman „Stein der Geduld“ selbst. Rahimi entführt den Zuschauer darin in eine Welt, in der die Männer die Macht ausüben und die Frauen keine Stimme haben.
Für einmal sind freilich die Verhältnisse umgekehrt, denn der im Koma liegende Mann kann nicht agieren, unklar ist selbst, ob er hört, was sie Frau sagt. Sie nützt diesen Freiraum immer stärker, kann so vom benutzten Objekt zum Subjekt werden und im Sprechen zu sich selbst finden.
Wortlastig ist dieser Film zwangsläufig in der weitgehenden Beschränkung auf die Erzählungen der Frau, die nur durch wenige Rückblenden aufgelockert werden. Doch gerade in dieser Konzentration zeichnet Rahimi zwar plakativ, aber dennoch eindringlich Schritt für Schritt ein umfassenderes Bild der Entrechtung der Frau durch einen fundamentalistisch ausgelegten Islam.
Nur wenn die kriegerischen Aktionen ins Haus vordringen, wird der langsame Erzählrhythmus von Hektik abgelöst. Als Hintergrund fungiert dieser Einbruch der Aussenwelt in erster Linie, dient dazu die Handlung skizzenhaft in einem politischen Kontext zu verankern.
Im Zentrum steht aber das Innenleben der Frau, das nicht nur durch das großartige Spiel von Golshifteh Farahani, sondern auch durch die Kameraarbeit von Thierry Arbogast, der mit sorgfältig kadrierten und in  warme Farben und Licht getauchten Bildern Poesie und Leichtigkeit verbreitet, einfühlsam und bewegend vermittelt wird.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Sa 22.3., 22 Uhr