Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Walter Gasperi · 21. Feb 2013 · Film

Aktuell in den Filmclubs (22.2. - 28.2. 2013)

Der Lindauer Club Vaudeville zeigt diese Woche mit „Und dann der Regen“ Icíar Bollains ebenso vielschichtige wie packende Auseinandersetzung mit der von der Kolonialzeit bis heute andauernden Ausbeutung Lateinamerikas. Die Kammgarn Hard bietet mit dem Roadmovie „TGV Express“ einen Einblick in die soziale Realität und Probleme der Sahelzone.

Und dann der Regen: Hat sich in den letzten 500 Jahren an der Lage der indigenen Bevölkerung Lateinamerikas nichts geändert? Wird sie heute immer noch wie damals durch die europäischen Eroberer ausgebeutet? Nach einem Drehbuch von Paul Laverty, der für seine Vorlagen für Filme von Ken Loach bekannt ist, spiegelt die Spanierin Icíar Bollain die Vergangenheit in der Gegenwart. Im Mittelpunkt steht ein idealistischer junger Regisseur (Gael Garcia Bernal), der mit einem europäischen Team in Bolivien einen kritischen Film über Kolumbus drehen will. Zunehmend wird die Crew aber zum Ärger des Produzenten (Luis Tosar) in den Aufstand der Bevölkerung gegen die Privatisierung des Wassers verwickelt, denn der indigene Darsteller des Gegenspielers (Juan Carlos Aduviri) von Kolumbus ergreift auch in der Realität entschieden Partei für das Volk.
Bildgewaltige „Film im Film“-Szenen über die Ereignisse im frühen 16. Jahrhundert gehen fließend über in die aktuellen Auseinandersetzungen, die sich am Wasserkrieg von Cochabamba im Jahr 2000 orientieren. Mag die Gegenüberstellung auch plakativ und holzschnittartig sein, so entwickelt dieses Drama dank des charismatischen Schauspielertrios Bernal, Tosar und Aduviri doch große emotionale Kraft. Fragen darf man sich aber auch, inwieweit diese europäische Großproduktion genauso ein Akt der Ausbeutung ist wie der „Film im Film“.
Club Vaudeville, Lindau: Di 26.2., 20.30 Uhr


TGV Express: Ganz offen nennt der Senegalese Moussa Touré, der in den 1970er und 1980er Jahren bei Projekten von Francois Truffaut und Bertrand Tavernier mitarbeitete, John Fords Western "Stagecoach" als Vorbild für seinen zweiten Spielfilm "TGV". Freilich nicht mit dem französischen Hochgeschwindigkeitszug, sondern mit einem klapprigen blau-gelb bemalten Bus begibt sich eine bunt zusammengewürfelte Reisegesellschaft auf die Fahrt von Dakar (Senegal) nach Conakry (Guinea). Einige springen zwar ab, als das Militär von einem Aufstand der Bijagos im Grenzgebiet zu Guinea berichtet und erste Flüchtlinge eintreffen, aber der Chauffeur Rambo kann dennoch mit neun Fahrgästen die Reise antreten. Zwei sich bekämpfende Geisterbeschwörer gehören ebenso zu den Businsassen wie ein Dealer, einige alleinreisende Damen sowie ein Mann, der in Conakry seine fünfte Frau heiraten will. Unterwegs werden noch der soeben suspendierte Finanzminister und seine Frau und etwas später ein französisches Ethnologenpaar, das mit einer Landkarte aus dem 18. Jahrhundert den Weg weisen will, an Bord genommen.
An witzigen Szenen fehlt es nicht, aber dank der genauen Beobachtung fließt auch viel soziale Realität in Tourés Film ein und schlaglichtartig werden afrikanische Probleme wie Drogen, die Polygamie und die Unterdrückung der Frau, korrupte Politiker und die Arroganz der Europäer sowie der Gegensatz von Tradition und Moderne angesprochen.
Doch nie drängen sich diese Probleme in den Vordergrund. Touré versteht es mit einem gut getimten Wechsel von Momenten der Ruhe und der Bewegung, von Innenszenen im engen Bus und großen Landschaftstotalen das Erzähltempo geschickt zu kontrollieren. - So funktioniert "TGV" sowohl als leichte Komödie als auch als präzise Bestandsaufnahme des afrikanischen Alltags.
Kammgarn Hard: Mi 27.2., 20.30 Uhr