Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Walter Gasperi · 22. Jän 2015 · Film

Aktuell in den Filmclubs (23.1. - 29.1. 2015)

Am Spielboden Dornbirn läuft diese Woche im Rahmen der Filmreihe zu den Themen Alter, Pflege, Verlust Frank Matters Dokumentarfilm "Von heute auf morgen". Ein Klassiker steht dagegen beim Filmforum Bregenz mit Michelangelo Antonionis "Blow Up" auf dem Programm, der als Ergänzung zur Nikolaus-Walter-Ausstellung im vorarlberg museum gezeigt wird.

Von heute auf morgen: Elisabeth Willen, Anny Fröhlich und Monique Hofmann sind schon über 90, doch das Leben in den eigenen vier Wänden wollen sie nicht aufgeben, wollen nicht in ein Altersheim, sondern selbstbestimmt in der gewohnten Umgebung bleiben. Auf die mobile Hilfe von Spitex sind sie allerdings ebenso angewiesen wie der etwas jüngere Silvan Jeker, der nie über den Verlust seiner Frau hinweggekommen ist.
Es sind gewiss Ausnahmefälle, die Frank Matter für seinen Dokumentarfilm ausgewählt hat. Nur wenige werden wohl in einem so hohen Alter noch so geistig rege und auch körperlich recht agil sein. Doch auch für diese Protagonisten wird der Alltag im Lauf des Films immer beschwerlicher, sodass sie schließlich doch in ein Seniorenheim übersiedeln müssen.„Von heute auf morgen“ ist ein unspektakulärer Film, der wieder einmal zeigt, welch entscheidende Rolle der filmische Blick spielt.
Man spürt das tiefe Vertrauensverhältnis, das zwischen dem Filmteam und den Protagonisten, die sich ganz natürlich geben, bestanden haben muss. Voll Empathie blickt Matter auf diese vier Senioren, die sich auch immer wieder stur und eigensinnig zeigen, stellt sie nie bloß und führt sie nie vor, sondern begleitet sie mitfühlend und warmherzig durch den Alltag.
Bewundernswert wahrt er die Balance zwischen Distanz und Nähe, ist nah dran und damit zutiefst menschlich, beutet sie aber nie aus und lässt auch den Humor nicht zu kurz kommen. Und dennoch ist dies letztlich ein tieftrauriger Film, macht er doch das eigene Altern und die Realität bewusst, dass damit die Autonomie und Mobilität immer mehr eingeschränkt werden, bis eben fast nur noch ein betreutes Leben im Heim möglich ist.
Spielboden Dornbirn
: Mi 28.1., 20 Uhr

Blow Up: Meisterhaft fängt der Italiener Michelangelo Antonioni in seinem 1966 gedrehten, ersten englischsprachigen Film die Stimmung des Swinging London der 60er Jahre ein. Der Zuschauer ist nicht distanzierter Beobachter, sondern nimmt die Welt mit den Augen des jungen Fotografen wahr. Wie dieser mit seiner Kamera in die Intimsphäre seiner Models, aber auch in die von Obdachlosen oder Spaziergängern eindringt, heftet sich die Kamera an seine Fersen, folgt ihm zum Fotoshooting und in einen Trödlerladen, zu einem Konzert der Yardbirds und einer LSD-Party und schließlich in einen Park, in dem er Ruhe sucht und idyllische Fotos machen will. Bei deren Vergrößerung (Blow-up) glaubt er aber mit der Kamera Zeuge eines Mordes geworden zu sein.
Innerlich nicht weniger leer als die Figuren in den früheren italienischen Filmen Antonionis ist dieser Fotograf letztlich, bleibt er doch ein Getriebener, der die Welt nur noch über seine Kamera wahrnehmen kann, zu echten Gefühlen aber nicht mehr fähig ist. Perfekt bringen die eleganten Farbbilder des Films den Lifestyle des mit dem jungen David Hemmings ideal besetzten Fotografen zum Ausdruck.
Vom atmosphärisch genauen Zeitbild entwickelt sich „Blow Up“ dabei mit der Vergrößerung der Parkfotos zu einer Reflexion über Schein und Realität und die Unzuverlässigkeit der Wahrnehmung. Nicht nur auf der Bild-, sondern auch auf der Tonebene wird diese Frage diskutiert, wenn der Protagonist in der Schlussszene dem imaginären Tennisspiel einer Gruppe von Pantomimen zusieht und schließlich das Aufschlagen des nur in der Vorstellung existierenden Balles zu hören glaubt.
Interessantes Detail am Rande ist, dass die Dreharbeiten im Sommer 1966 praktisch zeitgleich mit der Fußball-WM stattfanden, die mit dem legendären „Wembley-Tor“ von Geoff Hurst - einem lupenreinen Blow-up-Effekt - endete. Und nicht zu überschätzen ist auch die Vorbildwirkung dieses Films: Sowohl Francis Ford Coppolas "Der Dialog" als auch Brian de Palmas "Blow Out" wirken in vielen Punkten wie ehrfürchtige Verbeugungen vor Antonionis Meisterwerk.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Do 29.1., 20 Uhr