Tobias Grabher, die Camerata Musica Reno und Michael Köhlmeier bescherten dem Publikum ein „österliches Cineastenfest“.
Walter Gasperi · 05. Mär 2015 · Film

Aktuell in den Filmclubs (6.3. - 12.3. 2015)

Im Filmforum Bregenz läuft diese Woche „Timbuktu“, in dem der Mauretanier Abderrahmane Sissako leise, aber intensiv die Auswirkungen der Machtübernahme von Dschihadisten schildert. Am Spielboden Dornbirn wird dagegen im Rahmen der „pro mente“-Filmreihe der amerikanische Jugendfilm „Vielleicht lieber morgen“ gezeigt.

Timbuktu: Langsam, aber intensiv erzählt der Mauretanier Abderrahmane Sissako, wie die Machtübernahme der Dschihadisten in der malischen Stadt Timbuktu zunehmend dramatische Auswirkungen für die Bevölkerung hat. Werden zunächst mit Maschinenpistolen alte afrikanische Holzstatuen zerschossen, per Lautsprecher Rauch- und Musikverbot sowie Kleidungsvorschriften verkündet, so folgen bald immer drastischere Strafen.
Während sie Ehebruch mit brutaler Steinigung – eine kurze, aber gerade dadurch schockierende Szene – bestrafen, stellt der Anführer selbst der Frau eines Bauern nach. Sie verbieten zwar Fußball, diskutieren aber selbst über Messi, Zidane, Real Madrid und Barcelona. Und dennoch leisten vor allem Frauen Widerstand – oder auch Jugendliche, die sich über das Fußballverbot lustig machen, indem sie in einer herrlich poetischen Szene ohne Ball spielen.
So ist „Timbuktu“ trotz des Terrors, von dem erzählt wird, ein sanfter und leiser Film. Ganz klassisch und ohne Mätzchen wird die Handlung geradlinig und ruhig, aber konzentriert entwickelt. Die Gewalt schleicht sich nur punktuell in die prächtigen von den Gelb- und Brauntönen der Wüstenlandschaft bestimmten, lichtdurchfluteten Bildern ein und bleibt gerade dadurch länger haften. Allein schon durch diese sanfte Erzählweise entwickelt sich dieser Film zu einem starken Plädoyer für Menschlichkeit und einem Appell an die Dschihadisten von ihrem Terror und verbohrten Weg abzulassen.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Sa 7.3., 22 Uhr


Vielleicht lieber morgen:
Stephen Chboskys Verfilmung seines eigenen, 1999 erschienenen Briefromans „Das also ist mein Leben“ spielt in den 90er Jahren in Chboskys Heimatstadt Philadelphia. Im Mittelpunkt steht der 16-jährige Charlie, der neu an eine Highschool kommt. Kontaktpersonen findet er zunächst kaum, denn er ist schüchtern und traumatisiert, weil sich sein bester Freund erst vor kurzem umgebracht hat. Außerdem belastet ihn ein Unfall in der Kindheit, der in Flashbacks immer wieder in sein Leben hereinbricht. In seine Gefühlswelt dringt man durch sein Voice-over und seine Briefe an einen anonymen Freund – vielleicht sind sie auch nur an ihn selbst gerichtet – ein.
Sein einziges Ziel scheint es zu sein die 1385 Tage, die ihm an der Highschool noch bevorstehen, durchzustehen. Doch dann lernt er die offene Sam und ihren schwulen Stiefbruder Patrick, aber auch die Punk-Buddhistin Mary-Elizabeth kennen, kommt in ihre Clique, die “The Rocky Horror Picture Show” einstudiert.
Die Elemente des klassischen Teenie-Films von unglücklicher Liebe, Schulalltag und mobbenden Mitschülern ist da, doch immer wirkt das hier echt, nie überzogen. Ebenso witzig wie berührend ist es mitzuerleben, wie Charlie über seine Clique Erfahrungen auf dem Weg ins Erwachsenenleben vom ersten Kuss bis zum Drogentrip macht und schließlich sogar als Ersatz bei einer Schulvorstellung auftritt.
Wunderbar sind die Darsteller, hinreißend der Soundtrack und an „Titanic“ lässt eine Szene denken, in der Sam bei einer nächtlichen Fahrt mit offenem Autodach im Tunnel zu David Bowies „Heroes“ ihren Körper in den Fahrtwind streckt. Da werden die Sehnsucht und die Lust am freien Leben, an den Möglichkeiten, die das Jugendalter bietet und der Genuss des Augenblicks ebenso spürbar, wie in Erinnerungsfetzen, die bei Charlie immer wieder auftauchen, seine Zerrissenheit.
Spielboden Dornbirn: Di 10.3., 20 Uhr