Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Walter Gasperi · 06. Nov 2014 · Film

Aktuell in den Filmclubs (7.11. - 13.11. 2014)

Filmforum Bregenz und FKC Dornbirn zeigen diese Woche Ulrich Seidls Dokumentarfilm „Im Keller“. Feinste Unterhaltung für die Kleinsten bietet dagegen der französische Zeichentrickfilm „Ernest und Célestine“, der im Theater am Saumarkt auf dem Programm steht.

Im Keller: Ulrich Seidl dokumentiert kommentarlos, was die Österreicher so alles in ihren Kellern machen. Er präsentiert eine Frau, die in Schachteln Puppen aufbewahrt und wohl als Ersatz für einen unerfüllten Kinderwunsch liebevoll in den Schlaf singt ebenso wie einen älteren Herrn, der stolz seine im Keller aufbewahrte Nazi-Utensilien zeigt und mit Gesinnungsgenossen ausgiebig feiert. Viel Platz räumt Seidl auch einer Domina und ihrem Sklaven ein, während er das Alltägliche wie Fitnessraum und Waschküche nur kurz und grob verzerrt streift.
Formal ist das wie gewohnt mit großer Strenge und Meisterschaft gefilmt: Die Kamera wird kaum bewegt, auf Musik wird verzichtet, die Einstellungen von Martin Gschlacht sind vielfach symmetrisch komponiert und kein Film Seidls bot bislang wohl so viele Gelegenheiten zum Lachen. Doch die Szenen wollen sich nicht zu einem Gesamtbild fügen, bieten kaum tiefere Einsichten, da bei den Porträtierten mit einer Ausnahme der persönliche Hintergrund ausgespart bleibt, sondern entpuppen sich doch weitgehend als selbstzweckhaftes Monstrositätenkabinett.
Voyeurismus kann man Seidl dabei freilich nicht vorwerfen, denn nur in wenigen Szenen stellt er mit seinem insistierenden Blick die Menschen bloß, vielmehr dominiert hier schockierender Exhibitionismus, der die Frage aufwirft, was denn Leute bewegt, Handlungen, die sie scheinbar im Keller ausführen, um sie den Blicken der Öffentlichkeit zu entziehen, in einem Film publik zu machen und sich damit selbst bloß zu stellen. - Geht "Berühmtheit" wirklich über alles?
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Sa 8.11., 22 Uhr
FKC Dornbirn im Cinema Dornbirn: Mi 12.11., 18 Uhr + Do 13.11., 19.30 Uhr


Ernest und Célestine:
Den Mäusen wird von klein an eingeimpft, dass die Bären ihre Feinde sind, und ebenso sind die Bären schlecht zu sprechen auf die Mäuse. Doch die kleine Maus Célestine will an diese Vorurteile nicht glauben.
„Ernest & Célestine“ beweist eindrücklich, dass für ein beglückendes Filmerlebnis nicht große Effekte und 3 D, sondern vielmehr zu Herzen gehende Figuren und eine zutiefst menschliche Geschichte nötig sind. Ganz einfach sind im Grunde die Bilder, in blassen Farben gehalten, nur angedeutet ist teilweise der Hintergrund, aber gerade durch die Reduktion wird der Blick auf das Wesentliche gelenkt. Und das sind hier ganz eindeutig die Figuren. Da muss man die gewitzte kleine Célestine von der ersten Szene an ganz einfach ins Herz schließen. Der grummelige Bär Ernest macht es einem vielleicht etwas schwerer, doch wie er dann durch die Hartnäckigkeit Célestines unter seiner rauen Schale einen weichen Kern entdecken lässt, wie er das Mäuschen schließlich annimmt und sie sich gegenseitig fördern und er zu ihren Bildern musiziert und sich eine befreite Folge von Farbklecksern ergibt, ist bezaubernd anzusehen.
Bewundernswert kontrollieren Stéphane Aubier, Vincent Patar und Benjamin Renner den Rhythmus, wechseln zwischen spannenden Verfolgungsjagden und warmherzigen zwischenmenschlichen Szenen. Entscheidendes Gestaltungsmerkmal ist dabei die spiegelbildliche Anordnung von Szenen. Parallel geschaltet werden damit die Welt der Mäuse und die der Bären und damit die Absurdität der Vorurteile plastisch sichtbar gemacht.
So bietet dieser Trickfilm gleichermaßen hinreißende Unterhaltung wie – ganz im Sinn der klassischen Fabeln – eine Moral, die freilich nie aufdringlich vorgetragen wird, sondern sich ganz selbstverständlich aus der Geschichte entwickelt.
Theater am Saumarkt, Feldkirch: Mi 12.11., 14.30 Uhr