Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Walter Gasperi · 07. Mär 2013 · Film

Aktuell in den Filmclubs (8.3. - 14.3. 2013)

Eine hinreißende Tragikomödie gelang Jan-Ole Gerster mit seinem schwarzweißen Debüt „Oh Boy“, das diese Woche vom Filmforum Bregenz gezeigt wird. Die Kabarettisten Dirk Stermann und Christoph Grissemann sowie der deutsche Entertainer Heinz Strunk drücken dagegen dem schwarzhumorigen „Immer nie am Meer“ den Stempel auf, der in der Reihe „Neues österreichisches Kino“ am Spielboden Dornbirn läuft.

Oh Boy: Mal ist der Jazz melancholisch, mal beschwingt, immer aber unterstützt er in seiner Leichtigkeit und Freiheit den Erzählton von Jan-Ole Gersters Regiedebüt. Selten findet man einen deutschen Film, der so leicht und verspielt daher kommt, nie ins Klamaukige abgleitet, dafür sehr präzise das Lebensgefühl des Endzwanzigers Niko einfängt, dem der Film durch einen Tag und eine Nacht folgt.
Für Niko ist das wahrlich nicht sein Tag, denn am Morgen macht seine Freundin mit dem Zögerer Schluss, dann verweigert ihm ein Psychologe, zu dem er wegen Alkohol am Steuer muss, wegen „emotionaler Unausgeglichenheit“ den Führerschein, und statt Geld auszuspucken, zieht der Bankomat die Karte ein. Eine Tasse Kaffee könnte wenigstens ein bisschen über den Frust hinweghelfen, doch jeder Versuch, eine solche zu bekommen, scheitert...
Gerster entwickelt keine stringente Handlung, sondern reiht Szenen aneinander, die den von Tom Schilling großartig gespielten Niko vielleicht langsam zum Nachdenken über sein Leben bringen. Er selbst wird kaum aktiv, mischt sich nicht ein, gibt nichts von sich preis, während die anderen auf ihn einreden, ihm ihr Herz oder Leben ausschütten.
Hinreißende Szenen gelingen Gerster bei dieser in ihrer bestechenden Schwarzweißfotografie an Woody Allens „Manhattan“ erinnernden Tragikomödie auch dank eines exzellenten Ensembles. Das beginnt schon beim aberwitzigen und hintersinnigen Gespräch mit dem Psychologen, setzt sich fort in der Begegnung mit dem von Ulrich Noethen lustvoll gespielten Vater, der die Nase voll hat von seinem Sohn. Als Gegenpol zu Niko erscheint dann die in der Schule gemobbte Julika, die Friederike Kempter als temperamentvolle, selbstbewusste junge Frau spielt, einen großen Auftritt und starken Abgang hat Michael Gwisdek, während Justus von Dohnany Nikos Nachbar in wunderbarer Balance zwischen zum Schreien komischer und tragischer Figur hält.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Fr 8.3., 20.30 Uhr


Immer nie am Meer: Bei einem Autounfall auf einer Waldstraße bleiben der Historiker Baisch (Dirk Stermann), sein tabletten- und alkoholsüchtiger Schwager Anzengruber (Christoph Grissemann) und der norddeutsche Komiker Schwanenmeister (Heinz Strunk) zwar unverletzt, können aber Fenster ebenso wenig öffnen wie die Türen. So warten die drei Männer, die innerlich schon lange festgefahren, in Verzweiflung und Antriebslosigkeit versunken und - unfähig sich aus ihrer psychischen Malaise zu befreien - in Alkohol und Resignation geflüchtet sind, auf baldige Hilfe von außen. Doch Nacht und Tag vergehen und, als schließlich Rettung zu nahen scheint, verschärft sich in dieser österreichischen Variante von „Warten auf Godot“ die Lage der Eingesperrten sogar noch.
Jede äußere Bewegung – und Kino lebt im Grunde ja immer von Bewegung - nimmt Antonin Svoboda aus seinem Film förmlich heraus. Der Raum bleibt konstant der gleiche: Im Innern des Wagens und das heißt auch der Figuren, in der Beziehung zwischen den Eingesperrten müssen die Veränderungen, die Plot-Points stattfinden. Mit der Reduzierung auf Großaufnahmen vermittelt Kameramann Martin Gschlacht eindringlich das Klaustrophobische.
Mitleidlos und ohne jede Sympathie blickt Svoboda auf die drei Protagonisten. Keine liebenswerten Figuren sind das, sondern fiese, heruntergekommene, ganz alltägliche Durchschnittstypen, deren verzweifelt-komische Auseinandersetzungen und Befreiungsversuche der Zuschauer freilich dank des lustvollen Spiels und des Wortwitzes mit großem Vergnügen verfolgt.
Spielboden Dornbirn: Di 12.3., 20.30 Uhr