Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast. (Foto: Matthias Horn)
Walter Gasperi · 08. Nov 2012 · Film

Aktuell in den Filmclubs (9.11. - 15.11. 2012)

Im Lindauer Club Vaudeville läuft diese Woche Caroline Links vielfach preisgekröntes Spielfilmdebüt „Jenseits der Stille“. Das Takino Schaan zeigt dagegen im Rahmen seiner Architekturfilmreihe Jean-Luc Godards Klassiker „Le mèpris“.

Jenseits der Stille: In ihrem Spielfilmdebüt, das 1998 für den Oscar für den besten nicht-englischsprachigen Film nominiert wurde, erzählt Caroline Link eine Familiengeschichte, eine Geschichte einer Tochter und ihrer Eltern. Das Besondere daran ist aber, dass diese Eltern (die gehörlosen Darsteller Howie Seago und Emanuelle Laborit) taubstumm sind und Lara (als Kind Tatjana Trieb bzw. Sylvie Testud als Jugendliche), die als Dolmetscherin zur Außenwelt fungiert, schon als Kind gezwungen ist, Verantwortung zu übernehmen. Doch nicht nur die Hörenden müssen lernen die Welt der Tauben zu verstehen, sondern auch umgekehrt muss vor allem der Vater lernen seine Tochter, deren Erwachsenwerden und Selbstfindungsprozess im Zentrum des Films stehen, loszulassen und ihre Begeisterung für die Welt der Musik, die ihm völlig verschlossen bleiben wird, zu akzeptieren.
Link beweist ein außergewöhnliches Gespür für filmisches Erzählen, für Bildgestaltung und Rhythmus, für Licht- und Farbsetzung, für Kamerabewegungen, Schnitt und Musikeinsatz, die ihren Film zu einem echten Kinoerlebnis jenseits jeder Fernsehästhetik werden lassen. Diese professionelle Beherrschung filmischer Mittel und der Verzicht auf alles Spektakuläre und Spekulative zu Gunsten einer genauen Zeichnung der bis in die Nebenrollen hervorragend gespielten Figuren und der überzeugenden Schilderung von Alltagssituationen verleihen "Jenseits der Stille" große emotionale Kraft und eine Wahrhaftigkeit, die verhindert, dass dieser äußerst gefühlvolle Film in die Niederungen von Sentimentalität und Kitsch abgleitet.
Club Vaudeville, Lindau: Di 13.11., 20 Uhr


Le Mépris: Jean-Luc Godard revolutionierte in den 1960er Jahren mit seinen Filmen wie kein zweiter die Filmsprache. In mehreren Filmen setzte er sich dabei auch selbstreflexiv mit seinen Kinovorbildern und Kinomythen auseinander.
Auch in „Le Mépris“ macht der Franzose nach Alberto Moravias Roman „Il disprezzo“ das Kino selbst zum Thema. Im Mittelpunkt steht ein alter Regisseur (Fritz Lang), der für einen amerikanischen Produzenten (Jack Palance) einen Film über die Irrfahrten des Odysseus drehen soll. Doch zwischen den beiden kommt es zu künstlerischen Meinungsverschiedenheiten und der Produzent engagiert einen jungen Autor, der das Drehbuch überarbeiten soll...
Godard spielt raffiniert mit Zitaten und Anspielungen, stellt Parallelen zwischen dem „Film im Film“ und der Filmhandlung her, liefert einerseits eine große Hommage an Fritz Lang, den der Franzose selbst als „das Gewissen des Kinos“ bezeichnete und bringt andererseits in der Figur des Produzenten seine Verachtung für die amerikanische Filmindustrie und die Kommerzialisierung des Kinos zum Ausdruck.
Auf einer weiteren Ebene ist „Le Mèpris“, den das Takino Schaan im Rahmen seiner Reihe mit Architekturfilmen zeigt, aber auch eine Hommage an die Avantgarde-Architektur der auf Capri gelegenen Villa des Schriftstellers Curzio Malaparte, in der ein Teil des Films gedreht wurde. Und zu guter Letzt  wartet dieser Klassiker auch noch mit Michel Piccoli in seiner ersten Hauptrolle und Brigitte Bardot auf, von der Godard auf Druck des um die Einspielergebnisse besorgten Produzenten Nacktszenen nachdrehen musste.
Takino Schaan: Do 15.11., 18 Uhr