Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Gunnar Landsgesell · 13. Feb 2014 · Film

American Hustle

"How to bullshit your partners" - Die Kunst, jemand zu verscheißern, so könnte der Untertitel der famos inszenierten Groteske "American Hustle" lauten. Amy Adams und Christian Bale als kongeniales Hustler(Betrüger)-Paar tragen wesentlich zu diesem ausufernden Stück Kino bei, das in seinen besten Augenblicken sinnlich spürbar und erlebbar wird.

Bereits der denkbar einfache Inhalt des Films – erfolgreicher Trickbetrüger wird von FBI-Mann zur Kooperation gezwungen – macht deutlich, wie wenig „American Hustle“ letztlich über seine nackte inhaltliche Ebene funktioniert. Dieser Film ist vor allem als haptisches Erlebnis angelegt, ein Feuerwerk an sonderbarem Ideen- und Detailreichtum, an grotesken Momenten und einem lustvoll zelebrierten Großsprechertum. So wie man sich die 70er Jahre gerne vorstellt, ungeordnet, direkt und bunt, hat Regisseur David O. Russell ("The Fighter") auch die Oberflächen dieser Geschichte ausgestaltet. Christian Bale, mit schütterem Haupthaar (falsch) und dickem Bauch (echt), beweist einmal mehr seine schauspielerischen Möglichkeiten, die eng mit physischen Grenzüberschreitungen (abgemagert in „The Machinist“, slick in „American Psycho“) einhergehen. Bale spielt Irving Rosenfeld, einen Trickbetrüger, der in den Siebzigern tatsächlich die filmische Vorlage gelliefert hat. Bale traf Rosenfeld während der Filmvorbereitungen und war fasziniert von der erdigen Präsenz des Mannes. Bale führt als Rosenfeld ein Doppelleben (als Ehemann von Jennifer Lawrence), während er gemeinsam mit seiner raffinierten Partnerin (Amy Adams) seine Kunden um bedeutende Summen erleichtert. Bale kreiert eine Sorte Mann, die durch ihre Mischung aus äußerer Schlichtheit, irritierender Selbstsicherheit und komischer Ungeschicklichkeit eine sonderbare Attraktivität zu generieren vermag. An Bales Seite wird Amy Adams („Sunshine Cleaning“) als Partnerin zu einer Art Rätsel: Höchst kooperativ, intelligent und attraktiv, bleibt nicht nur für Rosenfeld sondern auch den Zuseher offen, wer tatsächlich hinter dieser Figur steckt. Anders als Bale schafft Adams die Frage nach der Identität ihrer Figur mit deutlich weniger offensichtlichem Aufwand virulent zu halten.

No Bullshit in the End

Dass sich „American Hustle“ von einer anfänglich ziemlich durchgeknallten, plumpen Groteske mit kriminalistischen und melodramatischen Elementen schließlich zu einigem Ernst steigert, ist nur einer der überraschenden Momente, mit denen Regisseur Russell aufwartet. Über allem thront aber etwas, was zuletzt Scorsese mit seinem äußerst angestrengt wirkenden „Wolf of Wall Street“ gesucht hat: Die Übersteigerung des Realismus zu einer tragikomischen, orgiastischen Allegorie auf das Leben. „American Hustle“ verliert bei allen Wirren die kleinen, bitteren Wahrheiten des Lebens nicht aus dem Blick.