Musiker:innen aus Südafrika und Kolumbien prägen den besonderen Charakter des Pforte Kammerorchesters Plus. (Foto: Aron Polcsik)
Walter Gasperi · 02. Jän 2014 · Film

Das erstaunliche Leben des Walter Mitty

Walter Mitty arbeitet als graue Maus im Fotoarchiv des „Life“-Magazin, bis ihn die Suche nach dem Cover-Foto der letzten Printausgabe auf abenteuerliche Reisen führt. – Ben Stiller hat mit sich selbst in der Hauptrolle James Thurbers Kurzgeschichte „The Secret Life of Walter Mitty“ als warmherziges, aber auch unentschieden zwischen Genres und Themen schwankendes Feelgood-Movie neu verfilmt.

Schon 1947 hat Norman Z. McLeod mit Danny Kaye in der Hauptrolle James Thurbers 1939 erschienene Kurzgeschichte „The Secret Life of Walter Mitty“ verfilmt. Seit rund 20 Jahren wurde nun schon ein Remake geplant, im Jahr 2000 wurde schon mit den Dreharbeiten begonnen, doch nach kurzer Zeit wurden diese wieder abgebrochen. 2011 machte sich dann Ben Stiller nicht nur als Regisseur und Hauptdarsteller, sondern auch als einer der Produzenten hinter dieses Projekt.

Monotoner Alltag, spektakuläre Tagträume

Aus dem Lektor eines Verlags für Schauerromane ist in Stillers Remake der Leiter des Fotoarchivs des „Life“-Magazins geworden. Er führt ein graues Leben in einer von grauen Glas-Beton-Stahlbauten bestimmten New Yorker Geschäftswelt, arbeitet im nur von künstlichem Licht erhellten fensterlosen Fotoarchiv und lebt mit Mutter und Schwester in einer kleinen Wohnung.
Einziger Lichtblick ist die neue Kollegin Cheryl (Kristen Wiig), für die er heimlich schwärmt, die er aber weder anzusprechen wagt noch über Internet-Partnervermittlung auf sich aufmerksam machen kann. Denn bei der Beschreibung seiner Person kann der 42-Jährige weder besondere Hobbys angeben noch auf besondere Orte verweisen, an denen er war. Als junger Erwachsener hat er zwar eine Europareise geplant, doch dazu kam es aufgrund des plötzlichen Tods des Vaters nie. Ungebraucht liegt der einst gekaufte Tramper-Rucksack in der Wohnung.
Aus diesem trüben Alltag bricht er aber immer wieder in Tagträumen aus, wird zum Helden, der Frau und ihr Hündchen aus einem brennenden Haus rettet, liefert sich mit seinem neuen Chef einen Kampf um eine Gummi-Spielzeugfigur, die in eine haarsträubende Verfolgungsjagd durch die Straßen von New York mündet oder träumt sich in eine Beziehung zu seiner Angebeteten Cheryl.
Als die Printausgabe des „Life“-Magazin eingestellt werden soll, ist das vom Starfotografen Sean O´Connell bestimmte letzte Cover-Foto plötzlich verschwunden. Nun aber wächst Walter Mitty über sich hinaus und unternimmt alles, um auf einer abenteuerlichen Suche, die ihn nach Grönland, Island und bis nach Afghanistan führt, das Titelfoto aufzutreiben.

Spektakulär, aber auch selbstzweckhaft

Man spürt in jeder Szene Stillers Liebe zu dem von ihm selbst gespielten Protagonisten und auch die Liebe zum alten Printmedium und echten Kontakten im Gegensatz zu Online-Journalismus und Internet-Dating. Charmant ist der Film zunächst in den in die Realität einbrechenden Tagträumen, in denen Stiller Hollywoods Superhelden-Filme ebenso parodiert wie David Finchers „Benjamin Button“, tendiert dabei aber auch zum selbstzweckhaften Spektakel.
Das wird noch deutlicher, wenn Walter Mitty auf Reisen geht und Gefahren bestehen muss. Prächtig sind zwar die Landschaftsaufnahmen von Island, die auch einen starken Kontrast zur grauen New Yorker Bürowelt bieten, spektakulär eine Skateboardfahrt auf einer abschüssigen Landstraße, doch über die Schauwerte verliert der Film seine eigentliche Geschichte von der Befreiung eines Menschen aus seiner Monotonie und der Entdeckung des wahren Lebens auch etwas aus den Augen.

Inhomogenes Patchwork

Unterhaltsam ist das zwar durchaus, aber auch inhomogen und wirkt wie ein Patchwork. Denn einerseits zündet „Das erstaunliche Leben des Walter Mitty“ als Komödie nicht wirklich, andererseits können auch die Actionszenen nicht wirklich begeistern, denn zu wenig lässt sich Stiller auf seinen Protagonisten ein, setzt mehr auf rasante Szenenfolge als Tiefgang.
Überfrachtet wirkt der Film auch mit der Kritik am Umbruch im Journalismus mit den durch das Aufkommen von Online-Diensten einhergehenden Umstrukturierungen vulgo Entlassungen, bietet aber immerhin eine Hommage an das „Life“-Magazin, dessen „großen Personen“ auf den Titelbildern er den Durchschnittsmenschen gegenüberstellt, der hier lernt sein Leben zu leben und den Mut aufzubringen sich ins Abenteuer Leben zu stürzen.

Dick aufgetragene Botschaft

Das Motto von „Life“, nämlich „hinter Mauern zu schauen, einander fühlen und sich finden“ wird dabei auch auf den Menschen an sich übertragen, dem der Sinn und die Quintessenz des Lebens mit diesem Film vorgelegt werden soll. In diesem freilich auch dick aufgetragenen Mutmachen und dieser Aufbruchsstimmung ist „Walter Mitty“ durchaus ein passender Film zum Jahresbeginn: ein optimistisches Feelgood-Movie, das jedem Einzelnen bewusst machen soll, wie viel in ihm steckt und was möglich ist, wenn man sich nur traut.