Neu in den Kinos: "Die Unschuld" (Foto: Wild Bunch Germany/Plaion Pictures)
Gunnar Landsgesell · 05. Mär 2015 · Film

Das ewige Leben

Ein ziemlich fertiger Brenner kehrt nach Jahren nach Graz zurück. Dort warten die Schatten der Vergangenheit auf ihn. "Das ewige Leben" ist ein meisterliches Stück österreichischer Mieselsüchtigkeit, zwischen Milieustudie und genuinem Kino-Krimi bestens positioniert.

Zu Beginn beschleicht einen das Gefühl, man befindet sich im falschen Film. Die Aufnahmen wirken improvisiert, die Farben ausgewaschen und in ein schwefelgelbes Licht getaucht, so wie das Personal dieses Films – die Leute  in diesem Wartesaal schauen ziemlich fertig aus. Erst als Josef Hader ins Bild schneit, stellt sich Gewissheit ein – das ist tatsächlich der neue Wolf-Haas-Krimi „Das ewige Leben“. Und auch wenn sich das Geschehen aus dem trostlosen Arbeitsamt in Graz rasch verabschiedet, so bleibt die Stimmung des Am-Boden-Liegens einem als ständiger Begleiter weiter treu. Das ist bemerkenswert, denn diese Inszenierung steckt zugleich voll komischer Momente; und hinter jeder Ecke dieser wenig glamourösen Stadtansichten könnte wieder eine überraschende Idee auf einen warten. Die Tristesse, sorgfältig in Szene gesetzt, stellt dafür kein Hindernis dar, sie bietet vielmehr den Nährboden für eine grotesk-kaputte Welt, deren heimlicher Anführer der Ex-Polizist Brenner ist. Hader verkörpert ihn mit feiner Note: müde wirkend, immer derangiert, am Rand zum Delirium und dennoch mit messerscharfer Beobachtung und dem Instinkt des Detektivs ausgestattet, improvisiert und trickst er sich durchs Leben. Viel Lokalkolorit und ein wenig Film-noir-Genre mischen sich hier. Nach Jahren der Absenz zurückgekehrt nach Graz, trifft Brenner auf alte Weggefährten: Roland Düringer als schlitzohriger Altwarentandler und Tobias Moretti als Polizist treten gewissermaßen als die Schatten der Geschichte auf. Was damals passiert ist, fügt sich durch Brenners Blick Stück für Stück zusammen. Brenner selbst entpuppt sich dabei als der Mann mit den sieben Leben, selbst eine Kugel im Kopf kann den eigentlich Lebensmüden nicht stoppen. Sie holt ihn anscheinend wieder zurück.

Milieustudie und Krimi


Vor allem überrascht, welches Risiko die Macher dieser mittlerweile vierten Verfilmung der Krimireihe von Wolf Haas eingegangen sind. Das Autorentrio Hader, Haas und Regisseur Wolfgang Murnberger haben keine schnöde Fortschreibung eines Franchise-Unternehmens betrieben, sondern versucht, das Haas’sche Universum noch einen Schritt zu erweitern. Dass dieser Film ebenso als Milieustudie wie als Krimi funktioniert, ist offensichtlich. „Das ewige Leben“ erzählt von vielen Dingen, von der Missgunst, der Berechnung, oder auch, wie im Fall der Klinischen Psychologin (Nora von Waldstätten) vom Wunsch nach einer simplen Lösung – um alles wieder in „Ordnung“ zu bringen. In Ordnung ist hier aber nichts. Das fällt auch Brenners Nachbarn auf: Johannes Silberschneider erfreut einmal mehr als schrulliger und hier auch berechnender Kleinbürger, während Margarete Tiesel als scharfzüngige Wirtin in einer kleinen Nebenrolle auftritt. Ein meisterliches Stück österreichischer Mieselsüchtigkeit.