Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Gunnar Landsgesell · 26. Mär 2015 · Film

Der Nanny

Überdrehte deutsche Komödie: Gewissenloser Immo-Hai (Matthias Schweighöfer) will mittellose Kiez-Bewohner delogieren lassen, während seine Kinder eine Nanny nach der anderen fertig machen. Dann kommt Rolf (Milan Peschel), der Nanny. Spaßig, auch wenn nicht alles originär wirkt.

Die Vernichtung von Werten kann ganz lustig sein, sofern sie den Richtigen trifft. Der Ferrari von Immo-Hai Clemens (Matthias Schweighöfer) rattert – unter dem schadenfrohen Gelächter seiner Kinder – die Prachttreppe des grotesken Wohnsitzes, eines Schlosses, hinunter, durchbricht dort die Galerie und stürzt in das Becken mit Luxus-Goldfischen im Wert von 150.000 Euro. Totalschaden auf allen Ebenen, aber Clemens nimmt es gelassen. Schuld war der neue Nanny Rolf (gewohnt nervig auf der Verliererbahn: Milan Peschel), und auf ihn ist Clemens als gestresster Private-Equity-Unternehmer und kompetenzloser Vater angewiesen. Seine Kinder haben bis dahin jede Nanny vertrieben: ein blutig nachgestelltes Kettensägenmassaker mit abgetrenntem Arm von Sohn Theo (Arved Friese) oder die wüsten Tiraden der Tochter Winnie (Paula Hartmann) gegen das schnulzige Kindermädchen Ilona (Veronica Ferres in einem Kurzauftritt) trieben alle in die Flucht. In „Der Nanny“ herrscht – zumindest in der ersten Hälfte des Films – Kampf, wohin man schaut, das ist durchwegs komisch so. Dass der Ferrari-Versenker Rolf gar kein Nanny ist, sondern der Bewohner eines Abrisshauses auf der Liste des Immo-Mannes Clemens, der sich nun einschleichen und dessen Pläne durchkreuzen will, ist eines der Leitthemen des Films.

Klamotte und Gross-out: Alles inklusive

Matthias Schweighöfer versteht sich in deutschen Komödien auf romantisch-sentimentale Rollen, durchwegs als Mädchenschwarm, er ist vielleicht die interessantere Version von Till Schweiger. Als Regisseur ist Schweighöfer von großer Unbekümmertheit geschlagen: „Der Nanny“ rafft recht formlos zusammen, was geht: deutsche Klamotte und zotige Gross-out-Elemente jüngerer US-Komödien, ein paar sozial motivierte Szenen dysfunktionaler Familienverhältnisse (Kinder allein zu Haus) und von Delogierung bedrohte Kiez-Bewohner, dazu Schweighöfer und Kumpel als äußerlich gelackte und moralisch verderbte Neo-Entrepreneurs. Fette R&B-Vibes und Videoclip-Perspektiven simulieren Lebensgefühl. Mit hohem Tempo jagt in der ersten halben Stunde von „Der Nanny“ eine überdrehte Szene die nächste, Klischees und Kalauer im Dienst der satirischen Überhöhung. Der böse Humor und Tugenden wie Selbstüberschätzung, Neid und Schadenfreude verleihen dem Geschehen einen frischen Touch. Dass diesem Treiben ein Ablaufdatum eingebaut ist, legt die Geschichte von Anfang an nahe. Hier gilt es, eine Familie zu sanieren, einen Unternehmer sein Gewissen entdecken zu lassen, und Rolf samt den prekär lebenden Kiez-Bewohnern zu ihrem Recht zu verhelfen. Das lässt schließlich das Tempo erlahmen, während die klischeehaften Überhöhungen nicht länger zur Komik, sondern zu einer gewissen Biederkeit beitragen. Beim Knuddelmonster Ilona (V. Ferres) entschuldigt sich am Ende aber dennoch niemand – trotz aller Versöhnlichkeit.