"Rickerl – Musik is höchstens a Hobby" derzeit in den Vorarlberger Kinos (Foto: 2010 Entertainment / Giganten Film)
Gunnar Landsgesell · 25. Dez 2014 · Film

Exodus: Götter und Könige

Der Auszug der Hebräer aus der ägyptischen Gefangenschaft steht wieder einmal auf dem Programm. Christian Bale besorgt den Job wie erwartet spektakulär, verliert auf dem Weg aber einen Teil seiner ursprünglichen Vernunfthaltung. Dafür ist Ridley Scott als Regisseur nur teilweise verantwortlich.

Als Pharao Seti (John Turturro) eine wichtige Entscheidung treffen muss, lässt die Seherin die Gedärme eines Tieres durch ihre Finger gleiten. Moses (Christian Bale) kommentiert das mit Skepsis. Sollen wir auf unsere Vernunft verzichten und uns nur noch nach den Vorzeichen richten? Ein Moses wie jener in Ridley Scotts „Exodus: Götter und Könige“ ist einem aufgeklärten Publikum geschuldet, dem das Pathos klassischer Jesus-Verfilmungen oder des Auszugs der Israeliten aus Ägypten nach 400-jähriger Sklaverei vorsorglich fehlt. Dazu passt auch die Begegnung Moses mit Gott auf einem Berg. Es ist weniger die spirituelle Erleuchtung als ein kolossaler Steinschlag, der Moses trifft und die Sinne raubt. Die Erschütterung hält noch Jahre später an, als er wie ein Medium – und durchaus von Ratlosigkeit und Zweifel geplagt – die Israeliten durch das Rote Meer führt. Zu diesem Eindruck passt auch Christian Bales wie üblich sehr überzeugend physisch ausgestaltetes Spiel, rollende Meereswellen aus CGI-Technik, tödliche Nil-Riesenalligatoren und Frosch- und Heuschrecken-Plagen, die einer Ästhetik des Realismus und weniger der Metaphorik verpflichtet sind. Auch die Pharaonen fühlen sich unter Scotts Regie nicht besonders göttlich oder überlebensgroß an. John Turturro windet sich ausgesprochen queer durch seine Rolle, sein Sohn Ramses (Joel Edgerton mit fetten Lidstrichen) fällt durch Feigheit, Faulheit und andere wenig „heroische“ Eigenschaften auf. Das Ägypten der Pharaonen schließlich erscheint als Dauerbaustelle von gigantischen Ausmaßen, der grassierende Bauboom und ausgebeutete Arbeitskräfte lassen sich mühelos auch als Kommentar auf heutige Zeiten lesen.

Albino-Schlangen und "Brownface"

Nachdem das Buch zum Film bekannt ist und wenig dramaturgische Abweichungen zulässt, scheint sich Scott ganz auf die Wirkungsweisen des Spektakels konzentriert zu haben. Die Inszenierung von Pferdewägen, die beflaggt in den Kampf ziehen, erinnert vor allem an Gladiatorenfilme, v.a. auch an Scotts eigenen („Gladiator“) aus dem Jahr 2000. Die 150-Millionen-Dollar schwere Produktion geht keine Risiken ein, setzt auf einen bekannten Bilderfundus und klare Rollenverteilungen. Auf attraktive Frauen – Sigourney Weaver als Tuya, Maria Valverde als Moses’ Ehefrau – die außer ein paar Sätzen nicht viel zu reden haben. Die Dialoge wurden aber insgesamt ausgesprochen schlicht gehalten, auch Kinder würden sie verstehen. Viel Plunder wie Albino-Schlangen und Tätowierungen sowie ein Make-up-Berg an ägyptischer Kostümierung (ein weißer Cast in „Brownface“ spielt Ägypter und Israeliten) erstaunen einen, wie wenig sich das Konzept der Sandalenfilme seit den 1960er Jahren insgesamt verändert hat. Daran ändert auch die 3D-Technik wenig. Liefert sie einem in den ersten 20 Minuten noch die gelungene Simulation einer Bildtiefe, die einen in die räumlichen Fluchten der ägyptischen Tempelanlagen blicken lässt, haben die Filmemacher die Aufmerksamkeit dafür später offenbar verloren. Bis in das gelobte Land folgt man den Israeliten übrigens nicht, am Roten Meer ist mit einem großen Finish Schluss. Vielmehr spötteln die Ägypter noch vor dem Auszug der Sklaven: Nach Kanaan kehrt man nicht zurück, was wollt ihr in dieser Einöde? Ihr wart ja nie dort. „Exodus“ bietet kreuzsolides Entertainment, besondere Impulse dürfen von Scotts Inszenierung hingegen nicht erwartet werden. Am interessantesten erscheint noch der Identitäts-Switch, den Christian Bale erlebt, der als Offizier und Liebling des Pharaos zu Beginn noch brüderlich mit dem Pharaonensohn die Schwerter kreuzt, um später erfahren zu müssen, dass er doch ein Hebräer ist.