Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Gunnar Landsgesell · 01. Jän 2015 · Film

Fury - Herz aus Stahl

April 1945: Brad Pitt führt ein paar junge US-Soldaten in die letzten Gefechte gegen das Dritte Reich. "Fury" erzählt von einer fiktiven Episode des Endkampfes, die der Beschäftigung mit dem Zweiten Weltkrieg nichts hinzuzufügen weiß. Einzig das angestaubte Kriegspathos, das hier angeworfen wird, irritiert. Das erinnert an Propagandafilme vor Jahrzehnten.

Noch hat das amerikanische Kino nicht den letzten Kampf gegen die Nazis ausgefochten. „Fury“, zu Deutsch „Wut“, erzählt noch einmal von den letzten Kriegstagen im Dritten Reich im April 1945, in dem nun Haus um Haus und Straße um Straße erobert werden müssen. Im Mittelpunkt steht eine Truppe von vier jungen US-Soldaten, angeführt vom Panzerführer „Wardaddy“ (Brad Pitt), der einer Figur aus jenen Fünfziger-Jahre-Kriegsfilmen entstammen könnte – als der Kalte Krieg nach der Darstellung aufrechter Heldenfiguren und einfältiger Gegner verlangt hat. Pitts Charakter ist so ein John Wayne Typ, völlig humorlos und von einem irritierenden „eisernen Willen“ durchdrungen, als sollte er das Dritte Reich allein besiegen. Jene Brechungen oder gar Ironisierungen, mit denen Hollywood zunehmend auch seine Kriegsnarrative durchsetzt hat – sie sind an diesem Film spurlos vorbeigegangen. Hier springen Nazis wie Pappfiguren vor den Sichtschlitz des Panzers, einfach um abgeschossen zu werden; hier rollt ein Panzer über einen im Dreck versinkenden Körper; und hier findet einer der jungen Kollegen Pitts den Rest eines Gesichts im Panzerinneren – was inszenatorisch als Rookie-Lektion für den Krieg und die Barbarei des Gegners verstanden werden darf. „Fury“ ist viszerales Kino, hier geht es ans Eingemachte. Positioniert, als befänden sich die USA selbst noch im Weltkrieg, den Film als propagandistisches Mittel verstehend, als Waffe.

Selbstopferung und Kriegspathos

Dabei ist Regisseur David Ayer eigentlich ein interessanter Mann. Sein Drehbuch für „Training Day“ mit Denzel Washington fiel nicht nur durch erzählerische Eloquenz und falsch gelegte Spuren des Plots auf, sondern auch durch die Erweiterung bestimmter Erzählkonventionen rund um Ghetto- und Cop-Filme. Mit „End of Watch“ (2012) und „Harsh Times“ (2005) schuf er ungewöhnlich offene Handlungsräume: er spielte mit filmischen Stimmungen, verwickelte das Publikum in irritierende Ungewissheit und stapelte endlos Spannungselemente, ohne diese auch einmal zu entladen. Mit der nunmehr groß budgetierten Produktion von „Fury“ wurden Ayers Ansätze aber scheinbar geplättet. Zwar ließe sich die kurzfristige Hinrichtung eines NS-Soldaten als Kritik an der eigenen Kriegsführung verstehen, eine Irritation, die sich noch einmal wiederholt, als US-Soldaten in das Haus zweier deutscher Frauen eindringen und Gewalt in der Luft liegt. Letztlich lebt „Fury“ aber von Routinen: dem rhythmischen An- und Abschwellen des Kriegsgeschehens, in dem auch die Langeweile und Sinnfrage der Soldaten Platz haben muss; von den üblichen Spannungen innerhalb der kleinen Panzerbesatzung; und vor allem von dem angestaubten Heldenpathos, das einen ratlos zurücklässt. Dieses Pathos, von Pitt kompromisslos verkörpert, kulminiert in einer bizarren Selbstopferungsszene, die als „Centerpiece“ und Finale des Films eine gefühlte halbe  Ewigkeit dauert. Als die fünf Burschen am Rand eines Waldes eine Panne mit ihrem Panzer haben, nähert sich ihnen eine 300 Mann starke Einheit der Wehrmacht. Anstatt zu flüchten ruft Wardaddy Pitt den Kampf bis zum Ende aus. Mit dem multiperspektivisch ins Bild gerückten Gemetzel gewinnt der Film nun zwar noch an Tempo, gemahnt aber ganz unfreiwillig an den Kalauer vom Krieg, der sinnlos Opfer fordert. Dass gerade diese Schlussszene zentral sinnstiftend gemeint ist, ist nur eine der Schwächen dieser fragwürdigen Kriegserzählung.