Derzeit in den Vorarlberger Kinos: The Zone of Interest (Foto: Filmcoopi Zürich)
Gunnar Landsgesell · 23. Jän 2014 · Film

Homefront

Ein ehemaliger Drogenpolizist (Jason Statham) gerät in die Crystal-Meth-Szene in Louisiana. Zum Wohl seiner Tochter regelt er alle Probleme gleich selbst. Actionthriller ohne Punch aber mit Familiensinn aus der Feder Sylvester Stallones.

Ein Schulhof in Louisiana: Ein weißgesichtiger, dicker Bub mit einem wirklich gemeinen Gesichtsausdruck nimmt einem kleinen Mädchen die Kappe weg. Immer wieder krakeelt er so etwas ähnliches wie „Hol sie dir doch, du dumme Kuh“ in ihre Richtung. Dann setzt es ein paar gezielte Boxhiebe und das Mädchen betritt mit der Kappe das Schulgebäude. So kann auch unter Kindern schon eine Front aussehen, wenn jemand wie Sylvester Stallone das Drehbuch verfasst hat. Kleine Kinder tragen ihre Zwists mit Fäusten aus, und nicht nur das: In Geschichten wie „Homefront“ weiß man von der ersten Sekunde an, wer die Bösen und wer die Guten sind. In gewisser Weise ist Stallone politisch und wohl auch dramaturgisch in den 1980er Jahren stecken geblieben, als der Kalte Krieg einem noch die Perspektiven vorgab. Ordentlich Schläge für den Feind, sonst macht der einen fertig. Der Actionfilm „Homefront“ ist ganz dieser Logik geschuldet. Wir sehen: Was die kleinen Kinder zu Beginn dieses Films vorzeigen, haben sie von den Erwachsenen gelernt. Sie treten sich schließlich mit ebenso grimmigen Gesichtern gegenüber. Der altgediente Actionstar Jason Statham tut das als Vater der Kleinen und Kate Bosworth ist die von Crystal Meth gezeichnete Mutter des dicken Buben. Die Story, die sich Stallone ausgedacht hat, ist in zwei Sätzen erzählt. Ein ehemaliger Drogenbeamter (Statham) hat das Mitglied einer gefährlichen Gang erschossen und sich daraufhin anonymisiert mit seiner Tochter ins ländliche Louisiana zurückgezogen. Dass er sich über Bosworths Bruder - James Franco als Crystal-Meth-Dealer ohne echten Punch– und dessen Kumpels schon wieder Ärger einhandelt, ist, das glauben wir fest, nur ein vorübergehendes Problem.

An der Homefront nichts Neues

Ein wenig erinnert „Homefront“ an Disney-Produktionen. Sie vermitteln die wohlige Sicherheit, dass dem Prinzen und der Fee nichts zustoßen kann. Als Thriller eignet sich „Homefront“ insofern nur bedingt. Aber auch die zeitweiligen Handgemenge erfüllen, durch Rüttelkamera und Speed-Schnitte verwässert, wohl kaum die Zwecke eines physischen Kinos. Manch Actionfreund dürfte sich fragen, ob hier nicht ein nett gemeinter Beziehungsfilm zwischen fürsorglichem Vater und tapferer Tochter (die Mutter ist leider verstorben) zwischen flechtenbehangenen Bäumen ein wenig aus dem Ruder gelaufen ist. Noch mehr spricht dafür, dass diesem Film die Spannkraft fehlt, um das, was hier als White-Trash-Milieu angedeutet wird, gegen die Instinkte eines ruhiggestellten DEA-Profis in Position zu bringen. Aber auch zwischen den dramatischen Blöcken lässt Regisseur Gary Fleder die Liebe zum Detail vermissen. Eingeschobene Episoden wie jene, in der Statham mit einem schwarzen Freund die Holztreppe des Hauses ausbessert, fühlen sich so unverbindlich an wie die Beziehung der Tochter mit einem angeblich geliebten Stofftier, das eines Tages aufgespießt auf einem Pfahl auf die Hausbesitzer wartet. Dem beachtlichen Cast, neben Statham und Bosworth ist noch Winona Ryder als drogenschlanke Freundin von James Franco zu sehen, wird mit dieser Handlung eine unerwartete Beschaulichkeit zuteil. Denn selbst wenn das ganze Crystal Meth, das in den Kesseln von James Franco dampft, am Ende nicht gründlich vernichtet worden wäre, hätte man sich gefragt, wer in diesem verschlafenen Nest eigentlich die Abnehmer sein sollten?