"Rickerl – Musik is höchstens a Hobby" derzeit in den Vorarlberger Kinos (Foto: 2010 Entertainment / Giganten Film)
Gunnar Landsgesell · 29. Mai 2014 · Film

Maleficent - Die dunkle Fee

Starker, erratischer Auftritt von Angelina Jolie als Fee und düstere Fantasy-Göttin in diesem Spin-off von Dornröschen. Was die Fee so böse machte, um die Königstochter zu verfluchen, erfahren Sie hier.

Einen Fluch statt der Glückwünsche bringt die dunkle Fee mit, als das Königspaar sein Baby stolz dem Hofstaat präsentiert. Die geächtete Fee Maleficent (Angelina Jolie) steht unvermittelt im Saal und belegt das Kind in einem Geflecht grüner Blitze mit dem bekannten Schwur, sich als Jugendliche an einer Spindel zu stechen und in einen langen Schlaf zu verfallen. Was dann folgt, nennt man im Englischen eine "revisionist tale", also ein Märchen, dessen originale Handlungszüge ein wenig umgebaut wurden. Die langjährige Disney-Drehbuchautorin Linda Woolverton („Alice im Wunderland“) legt die Erzählperspektive auf die böse Fee und entwirft für sie eine eigene Biographie: Wie sie als junge Fee einen Buben aus Fleisch und Blut kennen gelernt und sich in ihn verliebt hat. Und wie dieser ihre Gefühle schließlich verraten hat. Die fundamentale Verbitterung der nunmehr dunklen Fee lässt sich - es wäre nicht Disney - nur durch einen echten Liebesbeweis aufbrechen. Mit diesem schließt sich auch der Erzählkreis von "Maleficent". Derart wird auch der Feen Fluch zur Prüfung des verlorenen Glaubens: Erst jemand, der Aurora, wie Dornröschen im Film heißt, wahrhaft liebt, kann sie aus dem Schlaf erwecken.

Mehr Göttin als Fee

Die beeindruckende düstere und visuelle Kraft der Inszenierung überbrückt so manche dramaturgische Flachheit. Unter der Regie des visual effects Spezialisten Robert Stromberg („Life of Pi“, „There Will be Blood“) läuft alles Geschehen stromlinienförmig auf seinen Star zu: Angelina Jolie, mehr Göttin als Fee, trägt das Gewicht dieses Films. Dieser wiegt zwar nicht besonders schwer, hält aber genügend Ideen parat, um das Interesse nicht schwinden zu lassen. Die Landschaft, in der die Fee den Verlust der Liebe und auch den ihrer Flügel zu betrauern hat, wirkt nur selten selbstzweckhaft, wie das in Fantasyfilmen des öfteren der Fall ist. Hier breitet sich eine Seelenlandschaft aus, die Jolie mit ihrem tricktechnisch veränderten Totenmaskengesicht und ihrer wahrlich erratischen Erscheinung beständig speist. Auch wie hier eine Frau gegen eine Armee (zudem als Allegorie der Fabelwelt gegen die dröge Welt der von Ruhm und Macht geformten Menschen) antritt, hat Charme. Das lässt holprige Anschlüsse und flache Figuren inklusive jene der Aurora (Elle Fanning) lediglich zum Sediment des tiefen glitzernden Wassers Maleficent/Angelina Jolie werden. Einzig der männliche Spielball der Fee, Sam Riley („Das finstere Tal“), der wieder seine unergründliche Melancholie im Gesicht trägt, kann sich neben Jolie als markante Gestalt behaupten. Von Maleficent ohne erkennbare Anteilnahme in einen Raben oder Drachen hin- und zurück verwandelt, wird Riley jedesmal wieder zu einem reinen Zeichen der düsteren Weltabgewandtheit dieser Feengestalt degradiert. Anders gestaltet sich hingegen die Beziehung zu Aurora, beide Frauen finden Vertrauen zueinander. Auch wenn die Projektwahl von Jolie einmal mehr erstaunt, ist die Rollenauswahl dennoch schlüssig: Jolie als Fee mit ungemeiner Wirkmächtigkeit mit feministischer Grundhaltung. Der Kuss, der Dornröschen aufweckt, inklusive.