Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Gunnar Landsgesell · 17. Apr 2014 · Film

The Amazing Spider-Man 2: Rise of Electro

140 Filmminuten bieten viel Raum für den Menschen hinter der Spinne. Peter Parker bekommt es mit einem Gegner zu tun, der mächtiger ist als er - und mit einer Beziehung, die er nicht ganz so gut handeln kann. Teil 2 der Neuauflage des Franchise bietet einen austarierten Mix aus Privatheit, Kampf und Fun.

„The Amazing Spider-Man 2: Rise of Electro“ zapft gleich mehrfach zivilisatorische Ängste unserer Zeit an: großflächige Stromausfälle (man denke an New York vor wenigen Jahren) oder die "unheimliche" Macht der Konzerne, die sich hier in Gestalt des Unternehmens Oscorp präsentiert, die an Techniken arbeiten, die den Menschen aus seiner Illusion der Handlungsfähigkeit reisst und mit Ohnmachtsbildern konfrontiert. Peter Parker, im jüngsten Franchise des Comics noch einen Schritt sensibler-zerbrechlicher von Andrew Garfield dargestellt, bekommt es nunmehr mit einem übermächtigen Gegner zu tun. Dessen nahezu gewaltsamer Schöpfungsakt aus reiner Energie (an die Stromblitze gemahnend, mit denen Frankenstein sein Monster einst zum Leben erweckt hat) lassen Peter Parkers ursächlich erlittenen Spinnenbiss als vergleichsweise schlichte Superhelden-Initiation erscheinen. Damit verschärft sich auch das ewige Malheur des Spider-Man, einen unbedankten Kampf gegen die Wurzeln des Bösen in der Stadt zu führen und dafür regelmäßig selbst ins Zwielicht zu geraten. Ist der urbane Wächter Spider-Man zu mächtig, oder: Schützt er uns zu wenig?, ist das Spannungsfeld, in dem sich Parker aus Sicht der Stadtbewohner seit jeher bewegt.
Aus dieser schwelenden Unsicherheit der Zivilgesellschaft fügt Marc Webb, der erneut Regie führt, eine weitere, private hinzu. Der Einzelgänger Peter Parker sieht sich einmal mehr genötigt, den Fragen über seine eigene im Dunkel liegende Familiengeschichte nachzuspüren. Eine Episode, die als Zeitreise in - sehr spinnenwürdig - einen aufgelassenen U-Bahnschacht gestaltet ist: der Superheld wird darin sehr unmittelbar mit der Frage nach dem eigenen Ich konfrontiert, er begegnet sich selbst, als Kind und damit als Mensch. Allerdings, die Reise ins Unbewußte, Verschüttete, in die Eingeweide der Stadt, wird nicht zur psychoanalytischen Selbstbefragung ausgeweitet, auch wenn sich tief unten ein drängendes Rätsel auflösen lässt.

State of the Art

Die Überschreitung der Grenzen visueller Darstellungsweisen wie auch der Problematik limitierter Möglichkeiten gegenüber exorbitanten Mächten ist gewissermaßen Pflicht für jede neue Ausgabe im Superheldengewerbe. Es scheint, als würde „Spider-Man 2“ eine Sortierung dieser Vorgaben suchen. Das Schwingen an den abgeschossenen Spinnenfäden durch die Stadt, dessen ästhetische Auflösungen teils an Fun-Sportarten wie Bungee-Jumping erinnern, folgt dem Feelgood-Auftrag des Projekts, während die Actionszenen in konzentrierten Blöcken dazu angetan sind, den Leistungsschaugedanken des Genres einzulösen. Das Zwischendrin ist mit Affektbildern und Privatheit aufgefüllt, Peter Parker und seine problematisierte Beziehung zu Freundin Gwen (Emma Stone) werden fast schon mit  melodramatischen Anklängen einer unmöglichen Liebe aufgeführt. Für ein Mega-Franchise wie dieses (und dessen limitierte Wagnisse, reproduzierte Affekte und Atmosphären) entspricht das wohl einem state of the art und hat einen gewissen Reiz. Weitere Teile werden somit sicherlich folgen.