Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Gunnar Landsgesell · 05. Feb 2015 · Film

The Interview

Als Mediensatire entwickelt "The Interview" einigen Biss, wenn TV-Host-Shows und die Gesetze des Erfolges ironisiert werden. Mit der dramaturgischen Verlagerung nach Nordkorea und ins Fach der Agentenkomödie wirkt die Story aber wesentlich beliebiger.

Das Hollywood-Branchenmagazin Variety schrieb über „The Interview“: „eine angebliche Komödie, die so lustig ist wie ein kommunistischer Lebensmittelmangel – und genauso langwierig.“ Das ist unfair, weil ein kommunistischer Lebensmittelmangel seine lustigen Seiten haben kann, wie „The Interview“ zeigt. Natürlich nur aus der Perspektive des völlig bescheuerten wie naiven TV-Hosts Dave Skylark (perfekt in dieser Rolle: James Franco), der nahtlos vom größten Scoop seines Lebens – Eminem erwähnt live, dass er schwul ist – zum noch größeren Projekt eilt: ein Interview mit dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un (farblos: Randall Park). Bis zu diesem Moment fühlt sich „The Interview“ so an, als wüssten dessen Macher, wovon sie reden. Sie übersteigern die Banalität des Mediengewerbes auf ebenso banale Weise und ringen ihrem Thema gerade dadurch einige treffende Momente ab. Mit der Verlagerung des Geschehens nach Nordkorea geht aber viel an Erdung und Präzision verloren. Die Farce um den abgesagten Kinostart von „The Interview“ hat die globale Medienökonomie dabei ohne Absicht wesentlich besser bedient, als es dem Film gegenüber seinem Publikum gelingt. In der Satire nimmt, wie so oft in Filmen mit Seth Rogen, der als Ko-Regisseur des Films und mit seiner filmischen Rolle als TV-Producer eine Doppelfunktion einnimmt, der selbstzweckhafte Humor zunehmend überhand: laut, derb und von einer dramaturgisch durch nichts gerechtfertigten ständigen künstlichen Aufregung getrieben. Das chaotische Geschehen wird vor allem dadurch befeuert, dass die CIA – ihre Chance nützend – Skylark zum Protagonisten eines Giftanschlags machen will. Als Agentenkomödie ist „The Interview“ weniger überzeugend.

Bedingt komisch


Die Figur des Kim begegnet einem vor allem durch die Augen des sonst Promis umsäuselnden TV-Hosts Skylark. Kim ist ein nice Buddy, der zum intimen Basketballspielchen in seiner Privathalle noch schöne Frauen mitnimmt und sich selbst unglücklich über seine Staatsgeschäfte gibt. Erst ein Biss in einen Gipsapfel in einem scheinbar mit Lebensmittel vollgeräumten Greißler lässt Skylark aus seiner Verblendung aufwachen. Dass die Komödie sich hier nicht gänzlich in ihre Bestandteile auflöst zwischen der bemüht wirkenden Love-Story einer engen Stabs-Mitarbeiterin Kims mit dem TV-Producer (Rogen), zwischen den üblichen Bodyfluid-Witzchen und dem etwas lahmen CIA-Attentatsprogramm an Kim ist vor allem der Figur James Francos zu verdanken. Er bewegt sich im Fahrwasser eines Stan Laurel, der mit seiner – wiewohl gutmeinenden – Unbedarftheit sein Umfeld regelmäßig ins Chaos stürzt. Die lustvolle und anarchische Zerstörungskraft, die Mister Laurel und Mister Hardy hingegen so passioniert ausleben, lässt „The Interview“ weitgehend vermissen. Zwar wird auch hier einiges Inventar des Diktators in seine Bestandteile aufgelöst, die materielle Brachialität findet aber in einer inhaltlichen Kritik und Präzision kaum mehr eine Entsprechung. Das ist beliebiger Klamauk, Marke Seth Rogen. Dennoch finden sich auch hier einige abstruse und ob ihres dadaistischen Gehalts prägnante Momente wie jener eines vor der Kamera hilflosen, furzenden, weinenden Diktators. Dramaturgisch sollte sich hier der Kreis der Medienkritik schließen, das tut er nur bedingt. Denn der völlig bescheuerte TV-Host hat nun den Durchblick, er entlarvt den Diktator. Im Sinn der Mediensatire, was „The Interview“ trotz seines Ausflugs nach Nordkorea wohl sein soll, ist das nicht schlüssig.