Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Gunnar Landsgesell · 22. Nov 2012 · Film

The Twilight Saga: Breaking Dawn – Part 2

Auch für Neueinsteiger geeignet: Das Finale der Esoterik-Teen-Vampire, die keine Menschen mehr töten, fasziniert durch seine Weichzeichner-Welt und als perfektes Franchise.

Wir sehen es durch die Augen von Bella (Kristen Stewart) und Edward (Robert Pattinson): Die Aufnahme des lieblich drapierten Häuschens am Waldrand, das die Freunde der nunmehrigen Vampir-Kleinfamilie für sie vorbereitet haben, könnte kein besseres Bild einer New-Romantic-Ideologie abgeben. Eine wohlige Katalog-Lüge, fotografiert in warmen, goldenen Farben und bis unters Dach aufgefüllt mit persönlichen Gegenständen, die sich nicht unpersönlicher anfühlen könnten. Das ist „The Twilight Saga: Breaking Dawn – Part 2“. Ein großes Finale für schaumgebremste Vampir-Teenis und deren millionenfache Fans, die in einer Art New-Age-Fieber die Welt durch deren rötliche Pupillen freundlich und friedlich wahrnehmen. Der fünfte Teil der Saga ist im Schnee, in endlosen Wäldern angesiedelt und schon diese unerhörte Helligkeit des Films, aus dem selbst Blut verbannt scheint, behauptet eine große (post)pubertäre Unschuld. Die Weichzeichner-Welt hält dabei seine komischen Seiten parat: Menschen werden hier keine mehr getötet, ein zufällig ins Bild tappender Puma wird kurzfristig ausgesaugt. Der Ersatz für das selbstdisziplinierte Subjekt von Heute, von Vampiren, die ihre animalischen Triebe beschränken, und von Werwölfen (Taylor Lautner), die niemand mehr zerfleischen, sondern sich vielmehr als Nanny für das Kind von Bella und Edward anbieten (der die kleine Renesmee offenbar als spätere künftige Partnerin „eingeschworen“ hat), der Ersatz scheint im Glück des Familienclans gefunden. Alle Spielarten von Naturwesen treffen in Part 2 zusammen, um gegen den italienischen Vampirverbund der Vulturis, die schließlich doch etwas Schwärze ins Bild bringen, solidarisch anzutreten. Das Problem beider Seiten: Die Kollegen aus Italien sehen ein Gesetz verletzt, wonach Renesmee, die Halb-Mensch-Halb-Vampir ist (und an einen Scherz von Steermann über Grissemann – dieser sei „Halb-Mensch-Halb-Bier erinnert), Unsterblichkeit erreicht habe. Der von den Vulturis geforderte Tod des Kindes gibt der Dramaturgie dann doch noch Gelegenheit, das Spektakel des Kampfes auszupacken. Gegnern wird dabei vornehmlich der Kopf abgerissen oder abgebissen, wobei auch hier auffallend wenig Blut fließt. Und trotz dieses Kampfes wird die New Age Formel angestrebter Gewaltlosigkeit durch einen Kniff eingelöst: Der beeindruckend in Szene gesetzte Showdown, der mit einem Sieg der Guten endet, erweist sich am Ende als warnende Gedankenprojektion an die Vulturis. (Dass dabei kein Blut fließt könnte natürlich auch an der Blutarmut der Charaktere liegen.)

Welcome to the New Age

Faszinierend ist die Twilight-„Saga“ vor allem als stimmiges Franchise-Konzept. Faserschmeichler-Musik auf der Tonspur, wolkige Bilder, ein tranceähnlicher Tonfall, szenische Anordnungen wie für merchandise-taugliche Poster-Works, Dialoghäppchen, die nach dem Prinzip von TV-Soaps funktionieren. Dass die Reihe Millionen von Fans gefunden hat, mag an dem von ihnen erkorenen Traumpaar Stewart-Pattinson liegen, die dieses mit minimalen Mitteln verkörpern. Sicherlich liegt es aber auch am ganzen Setting, das auf dem Bestseller-Roman von Stephanie Meyer basiert und von Melissa Rosenberg in ein Drehbuch geschwurbelt wurde. Denn eigentlich sind Teen Vampire und Teen Werwölfe im Kinobetrieb schon länger bekannt. Was sie bisher für Erzählungen interessant oder auch komisch machte, waren ihre pubertären Probleme mit der Devianz. Abweichung im jugendlichen Alter, was kann es schlimmeres geben? In Breaking Dawn werden Normen nicht überschritten, sondern als Disziplinierung des Selbst in die ausdruckslosen Körper eingeschrieben. Ein Konformismus, der für eine ganze Generation bestechend anziehend wirken muss. Das Box-Office dankt es milliardenfach.