Derzeit in den Vorarlberger Kinos: The Zone of Interest (Foto: Filmcoopi Zürich)
Gunnar Landsgesell · 18. Sep 2014 · Film

Wenn ich bleibe

Ein Autounfall lässt die Frage offen, ob die zarte Liebe der Teenager Mia (Chloë Grace Moretz) und Adam (Jamie Blackley) eine Zukunft hat. Denn Mia liegt schwerverletzt im Spital. "If I Stay" ist eine sentimental journey into the past, erzählt aus dem Zwischenreich von Leben und Tod.

Als Schwebezustand zwischen Leben und Tod präsentiert sich diese Geschichte: Die Teenagerin Mia (Chloë Grace Moretz) ist eine ehrgeizige klassische Cellistin, in die sich der aufstrebende Rock-Musiker Adam (Jamie Blackley) verliebt. Zwei Welten treffen aufeinander: die disziplinierte, leicht betuliche Schülerin und der um keine Pose verlegene aber dennoch kreuzbrave Frontman. Zwei Welten auch deshalb, weil „If I Stay“ aus dem Dämmerlicht einer lebensbedrohlich Verletzten seine gesamten Bilder als Erinnerungsschnipsel aufwirbelt: Mia ist mit ihrer Familie auf einer winterlichen Straße bei einem Autounfall verunglückt und führt nun in ungeordneten Flashbacks durch die letzten Etappen ihres Lebens. Die erste Liebe, Adam, gehört zu diesen Bildern ebenso wie lose Reflexionen ihres Elternhauses: Mutter und Vater, früher offenbar Freigeister, haben ihren Lebensentwurf gegen den der Kleinfamilie eingetauscht. Mia fühlt sich zwischen ihnen ein bisschen verloren, denn alternativ und etwas rotzig sind sie immer noch. Rein zufällig so, wie Mias erster Freund Adam.

Streicher statt Gitarrenriff

Regisseur R.J. Cutler ist zweifellos ein Romantiker. Er hat sich die Wahrnehmung Mias zu Eigen gemacht und erzählt von einer Welt, die vielfach aus sentimentalen Gefühlen besteht. Das Lagerfeuer im Familienkreis, die Empfindsamkeit einer Pubertären, die Zuneigung zu ihrem kleinen Bruder und natürlich die erste Liebe. Die Sorge und auch das Schwärmerische ergeben jene Sprache, durch die sich die Protagonistin uns mitteilt. Aus Sicht einer komatösen Protagonistin mag dieser Zugang vielleicht naheliegen. Doch dass Mia noch als Geist zwischen den Lebenden umherwandelt, um abzuwägen, ob sie weiterleben will oder nicht, ist zwar eine schöne Idee, wirkt aber auch einigermaßen aufgesetzt. Da wird die Entschlossenheit der jungen straighten Frau, die als Cello-Spielerin noch ganz nach oben wollte, nun ganz gegen Fürsorge und Selbstaufgabe eingetauscht, wie sie typisch weiblichen Rollenzuschreibungen entspricht. Dass die Streicher in diesem Film die (Gefühls)Kontrolle übernehmen und nicht ein Gitarrenriff alle Bettlägerigen einmal gehörig durchwirbelt, ist ganz offensichtlich teil des Projekts. Eigentlich hat uns das ja schon der Vater von Mia eingebrockt, der verkündet: Sacrifice, that is what we do for our loved. Deswegen hat der Wilde von früher dazumals auch seine Trommeln verkauft und um das Geld ein Cello – für seine Tochter. Dass der Vater von der Familiengründung als „neues Abenteuer“ spricht, ist so gesehen eine schöne Ironie.