Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Thorsten Bayer · 03. Nov 2012 · Musik

Auch ohne seine Band ein Erlebnis – Esteban´s in der Spielbodenkantine

Christoph Jarmer, Gitarrist der österreichischen Alternative-Band Garish, ist auch als Solokünstler unterwegs. Als Esteban´s schlug er am Freitagabend in der gut besuchten Kantine des Dornbirner Spielbodens ruhige Töne auf Akustikgitarre an. Die Songs seines starken neuen Albums „IR“ versetzten das Publikum in Entspannung. Manchmal ging das leider etwas zu weit.

Christoph Jarmer ist ein sehr reflektierter Typ, was bei manchem Titel auch ganz wörtlich zu nehmen ist. „Es geht darum, sein Spiegelbild zu suchen und zu schauen, ob es passt“, schickt er dem Titel „Mirrors“ voraus. So ist auch der Titel des Albums zu verstehen – „IR“ steht für „In Rebellion“. „Rebellion ist ja eine Innere, die irgendwo in jedem wohnt. Der Song ‚Mirrors’ ist hier der Titelgeber. Ein Kampf der Spiegelbilder, welcher nicht gewonnen werden soll, da jede Reflektion Teil von einem ist“, erklärt Jarmer im KULTUR-Interview.

Aus einem Guss

Das erste Stück des Abends ist „Preservation“; eine wunderschöne Ballade mit sehr fingerfertigem Picking. Ruhige Songs mit nachdenklichen Texten und anspruchsvoller Gitarrenbegleitung – das ist Musik für kühle Herbst-Abende. Im Pressetext ist die Rede von „bezaubernden, gerade noch kitschfreien Streicher-Arrangements“, die manchen Liedern unterlegt sind. Für meinen Geschmack ist die Grenze zum Kitsch hin und wieder doch überschritten. Sein Auftritt ist – wie „IR“ als Ganzes – aus einem Guss. Oder kritisch ausgedrückt: Die Muster wiederholen sich bald, eine gewisse Monotonie macht sich leider breit.

Geschichten und Beichten

Das ist schade, denn Jarmers Spiel ist zweifellos virtuos. Und seine Melodien inklusive Moll-Sept-Akkorden, die den Freunden von Indie-Gitarrenmusik direkt ins Herz gehen, sind durchdacht und gut vorgetragen. Doch der Funke an diesem Abend will einfach nicht recht überspringen. Das Gemurmel in der Kantine reißt nur selten ab. Dabei ist sein zweites Album absolut hörenswert. Anders als sein Debüt „Serenity“, übersetzt „Gelassenheit“, verfolgt es einen roten Faden .„‚Serenity’ war quasi eine Ansammlung von Liedern, ohne starke Thematisierung. Deswegen auch die Gelassenheit – ‚einfach mal ein paar Songs auf ´ne Platte bringen.’ „IR“ ist ein schlüssiges Gesamtwerk, in dem jeder Song eine gewisse Verantwortung und Aufgabe erfüllt. Eine Platte, die einen Titel trägt und diesen auch in Form von Geschichten und ‚Beichten’ thematisiert“, sagt Jarmer.

Solo vs. Band

Auf die Frage nach Vor- und Nachteilen gegenüber der Arbeit mit seiner Band Garish, in der er unter anderem mit seinem größeren Bruder Thomas spielt, schreibt er: „Es hat beides seinen Vorzug und auch seinen Makel. Mit Esteban’s kann ich all meine musikalische Vorstellung kompromisslos umsetzen. Ohne Erklärungsbedarf und Diskussion. Ich trage die alleinige Verantwortung. Es widerspiegelt meine persönlich-musikalische Welt. Doch manchmal würde dann ein Widerspruch oder ein Feedback doch ganz gut tun ;-) Es kann gelegentlich auch etwas einsam werden.“

Neues Garish-Album

Die Arbeit mit seinen Bandkollegen ist aber unterdessen weitergegangen. „Wir machen seit gut 15 Jahren gemeinsam Musik, unser halbes Leben lang. Wir haben uns sehr unterschiedlich entwickelt, jeder seinen Weg eingeschlagen, und das macht die Zusammenarbeit mitunter zu einem Drahtseilakt. Doch das ‚Werk’l läuft!’ Wir sind eingespielt wie nur wenige Bands. Diese gewisse Harmonie ist selten und einzigartig!“ Davon überzeugen können sich Fans der Alternative-Band aus dem Burgenland schon bald selbst: „Ein neues Garish Album ist gerade in Arbeit. 12 Songs sind aufgenommen und wohl mit Ende des Jahres fertiggestellt. Das Album wird voraussichtlich im Frühjahr 2013 veröffentlicht.“