Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Thorsten Bayer · 05. Apr 2013 · Musik

Auf großer musikalischer Reise mit dem Baro Drom Orkestar

Balkan, Italien, Indien, Afrika: Die musikalischen Einflüsse, die am gestrigen Donnerstagabend im Bahnhof Andelsbuch zusammenkamen, waren vielfältig und vielgestaltig. Den ersten Teil bestritt das vierköpfige Baro Drom Orkestra alleine. Nach der Pause verstärkte Goran Kovacevic, ein alter Freund und Lehrmeister, das junge Ensemble aus Florenz. Die Begeisterung der Musiker sprang auf das Publikum über. Es spendete lang anhaltenden Applaus für einen sehr überzeugenden und energiegeladenen Auftritt.

Bahnhöfe (auch ehemalige) sind naturgemäß klassische Orte des Übergangs, der Bewegung. Daher hätte der Ort für dieses Konzert nicht besser gewählt sein können. „Baro Drom“ bedeutet in der Sprache der Roma „der lange Weg“ und steht für die Reise, die die Vorfahren der Sinti und Roma aus Indien ins Herz Europas brachte und mit ihnen eine Fülle an Farben, Tönen und kulturellen Traditionen, die nach wie vor spannend und lebendig sind. Die ehemaligen Studenten des Cherubini-Konservatoriums in Florenz erzählen von den Erlebnissen, Kulturen und Klängen entlang dieses langen Wegs: vom rumänischen Hora, dem ungarischen Czardas, über Gypsy-Jazz, Musik aus dem Balkan und dem Mittelmeerraum, traditionelle Klezmer-Musik, bis hin zu orientalischen Melodien aus der Türkei und Armenien.

Den Bogen raus


Mit viel Tempo im Offbeat-Rhythmus legen die vier Musiker sofort los und lassen den ganzen Abend nicht nach, vor allem qualitativ nicht. Gabriele Savarese hat an seiner schwarz schimmernden E-Violine mit oder ohne Bogen einfach selbigen raus. Der Mann am Akkordeon nennt sich Modestino Musico und hat an diesem Abend die Rolle des Moderators. Eine gute Wahl angesichts seines Charmes und seiner sehr guten Deutschkenntnisse. Piero Spitilli ist völlig in sein Spiel vertieft und tanzt um seinen minimalistischen E-Bass, der auf einem Ständer angebracht ist, herum. Schlagzeuger Gabriele Pozzolini zeigt sein ganzes Können, ohne dabei zu protzen oder sich auf Kosten der anderen in den Vordergrund zu spielen.

Sowohl wuchtig als auch filigran


In ihren besten Momenten, von denen es einige gibt, gelingt es dem Baro Drom Orkestar, ihre Songs gleichermaßen wuchtig und filigran klingen zu lassen. Nahtlose Tempo- und Rhythmuswechsel zeichnet das Spiel der vier Musiker aus, die sich vor rund anderthalb Jahren zusammengeschlossen haben. Nach rund 45 Minuten beenden sie ihr erstes Set. Der Kreis schließt sich. „Mit einem Klezmer-Stück haben wir begonnen, mit Klezmer gehen wir in die Pause“, erklärt Musico.

Premieren


Mit Goran Kovacevic auf der Bühne ändert sich zunächst die musikalische Stimmung des Abends etwas. Die Band klingt etwas melodischer als zuvor, mit nun zwei Mann am Akkordeon rücken der famose Gabriele Savarese und seine Geige etwas in den Hintergrund. Kovacevic, 1971 in Schaffhausen geboren und seit 1999 Professor am Vorarlberger Landeskonservatorium, lernte Musico Ende der Neunzigerjahre bei einem Sommerkurs kennen. Für die Italiener ist der Auftritt in Andelsbuch eine doppelte Premiere: zum ersten Mal spielen sie in Österreich, zum ersten Mal gemeinsam mit ihrem Lehrer Kovacevic. Der Respekt ist ihnen anfangs anzumerken, mit der Zeit aber spielen sie sich frei und phasenweise in einen Rausch. Bald werden sie mit solchen Abenden vertrauter: Für den Sommer sind einige gemeinsame Auftritte auf Festivals geplant.

Der „Gypsy Wedding Song“, der erste Song aus der Feder des Baro Drom Orkestar nach der Pause, erklingt zum krönenden Abschluss des Konzertes. „Rumänien oder Ungarn – woher das Lied stammt, weiß man nicht so genau“, merkt Musico mit einem Lächeln an. Wohin die Musik geht, ist hingegen klar auszumachen: in die Beine.

 

Am morgigen Samstag, 6. April, sind „Arwinda – ein zeitgenössischer Heimatfilm für die Ohren“ im Bahnhof Andelsbuch zu erleben. Sie gelten laut Pressetext als experimentierfreudige, bayerische Musikertruppe ohne Berührungsängste, die ihr weites Repertoire von Astral-Folk bis Gypsy-Beat mit Witz und Seele auf die Bühne bringt. Los geht´s um 21 Uhr. www.bahnhof.cc

www.barodromorkestar.com