Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Peter Füssl · 20. Jul 2009 · Musik

Begeisternder Desert-Rock und grandiose Stil-Chamäleons aus Alaska - Calexico und Portugal.The Man in der poolbar

Für Calexico war das Konzert am Samstag sozusagen ein Heimspiel, denn die musikalischen Desperados gastierten bereits zum dritten Mal in der poolbar. „Wir werden hier jedes Mal mit positiven Ionen vollgepumpt“ zeigte sich Bandleader Joey Burns begeistert – und begeistert war auch das in Massen erschienene Publikum. Das Sahnehäubchen setzten dem Abend dann noch „Portugal.The Man auf“ – eine umwerfende Live-Band!

Brennendheißer Wüsten-Sound

Während Calexico auf ihren CDs zunehmend wunderschöne Hörfilme abliefern, gehen die Herrn aus Tucson/Arizona bei Live-Auftritten gerne etwas handfester zur Sache – zumal sie sich in der poolbar in spürbar überbordender Spiellaune befanden. Die einzelnen Bandmitglieder wirkten schon im Vorprogramm beim spanischen Gitarristen und Sänger Depedro mit, den sie bereits bei der Produktion seiner ersten CD unter ihre Fittiche genommen hatten und mittlerweile auch erfolgreich ins Band-Line-up integriert haben. Die gelungene Mischung aus staubtrockenem Tucson-Americana, mitreißendem Desert-Rock und feurigen Mariachi-Anklängen ist längst zum Markenzeichen von Calexico geworden, besonders beeindruckend ist aber die Liebe zum ausgefeilten musikalischen Detail, die die Multiinstrumentalisten immer wieder erkennen ließen, wenn sie auf Vibraphon, Keyboards, Pedal-Steel-Gitarre oder Akkordeon zusätzliche Soundverfeinerungen einbrachten.
Natürlich steht Joey Burns als Lead-Sänger und Gitarrist im Mittelpunkt, während Drummer und Co-Leader John Convertino seine vielschichtige Rhythmus-Arbeit eher dezent im Hintergrund und unterstützt vom ebenfalls unaufdringlich agierenden Volker Zander am Bass absolviert. Für Begeisterung sorgten Jacob Valenzuela und Martin Wenk vor allem, wenn sie zu den Trompeten griffen – dann war sozusagen Feueralarm angesagt. Und Paul Niehaus wusste wie immer mit seinen stimmungsvollen Pedal-Steel-Beiträgen besondere Akzente zu setzten, überzeugte aber auch an der E-Gitarre. Auf dem Programm standen natürlich vor allem die Songs der letzten Platte „Carried to Dust“, aber auch einige ältere Hits, die von den Calexico-Fans mit großer Begeisterung aufgenommen wurden. Ein Konzert, das keine Wünsche offen ließ.

Indie-Rock der feinsten Sorte

John Baldwin Gourley (Gitarre/Gesang) und Zachary Scott Carothers (Bass/Gesang) waren bereits bei der Gründung der Band „Portugal. The Man“ vor fünf Jahren dabei, Drummer Jason Sechrist und Keyboarder Ryan Neighbors gehören mittlerweile ebenfalls zum fixen Inventar - auf der aktuellen Tour lassen sie sich von einer weiteren Elektronikerin begleiten. Die Herren aus Alaska wurden in der poolbar ihrem Ruf, höchst kreative und eigenwillige  Stil-Chamäleons zu sein, durchaus gerecht, denn sie schöpfen musikalisch irgendwie aus der gesamten Pop-Rock-Geschichte und destillieren daraus ihren ureigenen, unverkennbaren Sound. Soul und Psychedelisches, Prog- und Heavy-Rock, Led Zeppelin und Beatles, mitreißende Grooves und Falsettgesänge, harter Gitarrenrock, das sind die wichtigsten Ingredienzien, aus denen „Portugal. The Man“ ihr schmackhaftes Süppchen kochen. Oder, vielleicht besser: mit denen sie es zum Brodeln bringen. Denn „Portugal. The Man“ sind vor allem auch eine umwerfende Live-Band, die mit ihrer rasanten Bühnenshow die ZuhörerInnen mühelos mitreißen. Spätestens wenn sich Gourley und Carothers dem Drummer zuwenden und mit dem Rücken zum Publikum losrocken, geht die Post endgültig ab – da bleibt kein Bein mehr ruhig am Boden stehen.

Versäumnisse der Feldkircher Kulturpolitik wurden wieder einmal evident

Den Feldkircher Stadtvätern, die sich leider immer noch nicht dazu durchringen konnten, die poolbar mit einer brauchbaren Be- und Entlüftung aufzuwerten, ist es zu verdanken, dass Calexico ihren brennendheißen Wüstensound in einer authentischen Umgebung präsentieren konnten. Dabei waren die Außentemperaturen für Juli auf einem Rekordtief, sonst wäre es angesichts des Besucherandrangs wirklich sehr ungemütlich geworden – so, wie anschließend im pool bei Portugal.The Man, wo man die Luft bereits vor Konzertbeginn in Scheiben schneiden hätte können. Man würde sich wünschen, dass die politisch Verantwortlichen einmal ein Konzert lang im Gedränge stehen würden – dann könnten sie sich einerseits freuen, dass die poolbar so attraktiv auf breiteste Bevölkerungsschichten wirkt und andrerseits könnten sie sich ein bisschen dafür schämen, dass sie die Gelder seit Jahren in pompösem Stil in andere Projekte pumpen, während sie die baulich desolate Grundversorgung in der poolbar einfach ignorieren. Künftig muss die Kulturpolitik in Feldkirch nicht daran gemessen werden, ob wieder Millionen in das Festival gepumpt werden, sondern ob die poolbar zumindest auf einen baulichen Mindeststandard gebracht wird.