Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Silvia Thurner · 07. Apr 2015 · Musik

Das Symphonieorchester Vorarlberg zeigte großes Format – Werke von Gerhard Schedl und Witold Lutoslawski brachten nicht Alltägliches in den Konzertsaal

Das vierte Konzert der aktuellen Abonnementreihe des Symphonieorchesters Vorarlberg war ein besonderes musikalisches Ereignis, das vom Publikum mit begeistertem Applaus goutiert wurde. Dabei war die Werkauswahl alles andere als leichte Kost. Eröffnet wurde der Konzertabend im Feldkircher Montforthaus mit einer großen Orchestersuite des Wiener Komponisten Gerhard Schedl. Passend dazu interpretierte das hoch motivierte SOV unter der Leitung von Gerard Korsten das „Konzert für Orchester“ von Witold Lutoslawski. Nach diesen beiden Kraftakten erklang Bruckners erste Symphonie.

Gerhard Schedl profilierte sich als Komponist in den 1990er-Jahren besonders im Bereich des Musiktheaters. Mit dreiundvierzig Jahren hatte er sich bereits einen hervorragenden Namen gemacht. Es war ein Schock, als er sich im Dezember 2000 das Leben nahm. Daran und an die Qualitäten des Komponisten erinnerte sich auch der Geschäftsführer des SOV, Thomas Heißbauer, und setzte erfreulicherweise Gerhard Schedls „Fünf Intermezzi“ aus der gleichnamigen Oper „Glaube, Liebe, Hoffnung“ auf das diesjährige Abonnementprogramm. In fünf emotionalen Zustandsbeschreibungen wurde das Drama rund um Elisabeth, der Hauptprotagonistin, nachgezeichnet.

Eine leidenschaftlich erzählte Geschichte


Die Musikerinnen und Musiker des Symphonieorchesters Vorarlberg und Gerard Korsten spielten das komplexe Werk energiegeladen und emotional. So kamen in wirbelnden Streicherbewegungen, signalartigen Blechbläsermotiven und stehenden Klängen die unruhige Gestik und die offene Frage des ersten Bildes gut zum Ausdruck. Eine große Erwartungshaltung bewirkten die flirrenden Klänge sowie die reibenden Tonlinien im zweiten Teil, der lediglich eine vermeintliche Ruhe ausstrahlte. Aufbäumende Gesten und Bewegungsimpulse zeichneten die nachfolgende Passage aus, bevor sich im vierten Abschnitt eine elegische Weite öffnete, durchsetzt mit eruptiven tiefen Streicherpassagen. Hier fehlte der Zuspitzung hin zum dramatischen Höhepunkt etwas die innere Stringenz. Doch leidenschaftlich ineinander fließende Linien steigerten die Intensität bevor im Finale raue Klänge wie ein Aufschrei musikalisch inszeniert erklangen und mit viel Perkussion und tiefem Blech das tragische Geschehen in der „Selbstmordszene“ mündete. Eine besondere Stimmung hinterließ der sich allmählich auflösende Klangfluss am Ende des eindrücklichen Werkes, das mitreißend zu erleben war.

Gerhard Schedls Orchesterwerk bildete eine gute Basis für das nachfolgende „Konzert für Orchester“ von Witold Lutoslawski. Diese Komposition nutzten die etwa 100 Musikerinnen und Musiker in voller Besetzung als Podium, um ihre Meisterschaft im Kleinen und im Großen auszuspielen. Obwohl einzelne Passagen beziehungsweise Übergänge mitunter nicht optimal aufeinander abgestimmt erklangen, stellte das Orchester eine starke Werkdeutung in den Raum.

Das Orchester in Szene gesetzt


Elementare Kräfte wurden sogleich im ersten Satz freigesetzt, wo Intervallschichtungen mit gut durchdachten Gewichtungen entfaltetet wurden. Themengirlanden und Klangfarbenspiele entwickelten anschließend die Holzbläser in Verbindung mit den Streichern. Schnelle Bewegungsmuster und variantenreiche Motive beinhaltete das „Capriccio“. Und gerade in dem Moment, als der Klangfluss langatmig zu werden drohte, wurden die Energien gebündelt und in einen vielschichtigen Finalsatz übergeführt. Dieser erklang spannend modelliert, verstärkt durch prägnante Tonrepetitionen, die die vorwärts drängende Gestik wirkungsvoll unterstrich. Vertrackte Übergänge zwischen Tuttistellen und solistischen Einwürfen zeichneten die Werkdeutung zusätzlich aus. Die Zuhörenden reagierten begeistert auf die vitale Spielart des Orchesters und die markante Dirigierweise von Gerard Korsten.

Alt Bewährtes zum Finale


Seit Jahren beschäftigt sich Gerard Korsten mit den Symphonien Bruckners, die in loser Folge in den Aboprogrammen zur Aufführungen gelangen. Bruckners erste Symphonie fügte sich gut in den Rahmen des Konzertes. Auch in dieser Interpretation setzte sich die spieltechnische Raffinesse der Musikerinnen und Musiker fort. Überdies kamen der ausgewogene Streicher- und der volle Gesamtklang trotz der eher dumpfen Akustik im Saal gut zur Geltung.