Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Silvia Thurner · 26. Mai 2013 · Musik

Den Unterhaltungswert der neuen Musik entdecken – das „Ensemble plus“ präsentierte neue Werke aus Vorarlberg in entspannter Atmosphäre

Einen unterhaltsamen Abend erlebten die BesucherInnen des Konzertes „Neue Musik im Gespräch“ im Landesstudio Vorarlberg, wo unter anderem Werke von Martin Schelling, Thomas Thurnher und Michael Floredo zu hören waren. Das derzeit einzige Ensemble mit dem Fokus auf zeitgenössische Musik aus Vorarlberg ist das „Ensemble plus“ rund um den Bratschisten Andres Ticozzi. Mit einem guten Gespür für die Kernaussagen spielten die EnsemblemusikerInnen die neuen Werke. Die Eigenkompositionen für Klarinette solo interpretierte Martin Schelling selbst. Bettina Waldner-Barnay stellte im Gespräch mit den Komponisten die neuen Werke vor und trug durch ihre unkomplizierte Art wesentlich zu einer freundschafltichen und lockeren Atmosphäre bei.

Martin Schelling ist in Vorarlberg vor allem als Klarinettist des Symphonieorchesters Vorarlberg, als Kammermusiker, Pädagoge und Kapellmeister bekannt und beliebt. Für seine SchülerInnen komponierte er individuell angepasste Stücke, von denen er zwei im Rahmen des Gesprächskonzertes präsentierte. Bereits die Titel verraten, dass Martin Schelling ein frohsinniger Musiker und Komponist ist. Er versteht es, sich selbst und andere auf die Schaufel zu nehmen. Für das Werk „Nächtlich nüchtern grüßt eisig die Kanisfluh“ ließ er sich vom Hit „Vo Mello bis ge Schoppernou“ inspirieren. Zitate, mikrotonale Tonschritte und raffinierte Spieltechniken bewirkten einen amüsanten Erzählfluss. Ebenso im Werk „Pantomime“, bei dem zu Beginn anschaulich das nervöse Zittern nachgeahmt wurde und am Schluss der 'Zerstreute' während des Spielens sogar sein klingelndes Handy zu bedienen hatte.

Ein Spaziergang


Thomas Thurnhers Komposition „Impossible grace“ für Mezzosopran (Yuka Kitano), Viola (Andreas Ticozzi) und zwei Schlagzeuger (Claus Furchtner und Markus Lässer) führte die Zuhörenden in eine ganz andere Welt. Nach einem Gedicht von Meena Alexander hat der Dornbirner Komponist einen Spaziergang durch die sieben Tore Jerusalems in musikalische Bilder gefasst. Leicht nachvollziehbar entwickelte sich ein orientalisches Flair und die Militärtrommel bewirkte Anspielungen auf politische Verhältnisse. In eine tiefere, textdeutende Schicht drang die Musik jedoch nicht vor, deshalb schmälerte die wenig textdeutlich singende Mezzosopranistin teilweise den Aussagegehalt.

Der Weg aus dem Hades


Michael Floredos Klavierwerk „Orpheus’ Rückkehr“ war zwei Tage zuvor im Rahmen der Altacher Orgelsoireen zu hören. So bot sich ein guter Interpretationsvergleich in einer ganz anderen akustischen Umgebung. Im ORF Studio lebte die impulsive und kraftvolle Werkdeutung von Yukie Togashi vor allem durch den Nachhall aus dem Korpus des Flügels. Die Schwebungen und Interferenzen nach den Klangballungen waren unmittelbar und spannend nachvollziehbar.

Musik eines Freundes


Wladimir Rosinskij ist ein Freund des „Ensemble plus“, gerne und oft interpretieren die MusikerInnen Werke von ihm. Emil Scheibenreif und Daria Naneva-Ivov spielten die Uraufführung des „Duos für Klarinette und Klavier“ das von einer eigenartigen Spannung zwischen satztechnisch straff geführten Linie und Idiomen der Jazzmusik durchdrungen war. So wurden Passagen und Klänge mit Energie gebündelt, abschnittweise jedoch auch mit oberflächlichen musikalischen Mitteln eher künstlich aufgebauscht.

Schwungvolle Spielfreude


„Clarinettino“ für Klarinette und Streichquintett des tschechischen Komponisten Ondrej Kukal entdeckte das „Ensemble plus“ vor nunmehr dreizehn Jahren für sich. Martin Schelling an der Klarinette sowie Doren Dinglinger und Anita Martinek (Violine), Andreas Ticozzi (Viola), Jessica Kuhn (Vc) und Marcus Huemer (Kb) musizierten das virtuos angelegte Werk, das eine sprühende Vitalität in sich trägt, mit viel Elan und Freude am gemeinsamen Spiel. Die Musik öffnete fantasievolle Räume als imaginierte Theatermusik oder als Tanz mit Anklängen an die jüdische Musik und osteuropäische Volksmusik.