Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Silvia Thurner · 12. Mai 2014 · Musik

Dialoge, Monologe und Klangreden – Das „Liebenstein Quartett“ und das „ensemble plus“ präsentierten Neues und stellten sich einer großen Herausforderung

Eine Sonntagsmatinee spielten MusikerInnen des „ensemble plus“ sowie das „Liebenstein Quartett“ mit Anita Martinek, Susanne Mattle, Monika Bazgier und Iza van Holen im vorarlberg museum. Die Eckpfeiler des vielseitigen Konzertprogrammes bildeten die Uraufführung des Streichquartetts „Dialoge“ von Peter Engl sowie das Streichquintett (KV 516) von Wolfgang Amadeus Mozart. Dazwischen erklangen Werke von Wladimir Rosinskij, unter anderem das neu komponierte „Andante en ES(peranza)“, das speziell für das „Liebenstein Quartett“ entstanden ist.

Peter Engl lebt in Meiningen, er studierte bei Herbert Willi Komposition und schrieb vor einigen Jahren das Werk „Dialoge“ für Streichquartett, das nun erstmals zu hören war. Der Titel war zugleich auch Leitgedanke für die kompositorische Anlage des viersätzigen Werkes. Vor allem der erste Satz mit schwebenden Klängen und minimalen Tonhöhenverschiebungen zog die Aufmerksamkeit auf sich, denn die vier Stimmen loteten, gut aufeinander Bedacht nehmend, die einzelnen Linien aus. Sie drifteten auseinander und führten den musikalischen Fluss über pulsgebende Pizzicati, bis er in ätherischen Flageoletts stehen blieb. Später wurde der Satz mit signalartigen Floskeln aufgeraut, die Stimmen traten in einen Austausch miteinander und kommentierten sich teilweise auch gegenseitig. Im Vergleich zum Eröffnungssatz wirkten die folgenden Abschnitte weniger in sich ruhend und überzeugend ausformuliert. Der zweite Abschnitt, „Artikulation“, brachte energische Gesten mit perkussiven Begleitformeln und gegenläufigen Bewegungsmustern und der dritte Teil, „Expansion und Kompression“, wirkte eher zerklüftet. Ein „Verbund“ wurde im vierten Satz angestrebt, in dem melodische Linien über Liegetönen weiträumig ausgebreitet wurden. Hier nahm die Musik einen mitteilsamen, filmmusikartigen Ausdruck an.

In Freundschaft verbunden


Wladimir Rosinskij ist seit Jahren mit dem „ensemble plus“ befreundet, schon zahlreiche seiner Werke waren in unterschiedlichen Konzerten zu hören. So auch der effektvoll aufgebaute erste Satz aus der „Musik für 3 Bratschen“, den Andreas Ticozzi, Karoline Hofmann und Veronika Körmendy interpretierten.

Speziell für das „Liebenstein Quartett“ hatte Wladimir Rosinskij das „Andante en ES(peranza) komponiert, das nun im vorarlberg museum zur Uraufführung gebracht wurde. In einer Reihe von Ereigniseinheiten entfalteten Anita Martinek und Susanne Mattle (Violine), Monika Bazgier (Viola) und Iza van Holen (Violoncello) filigrane Tonfolgen, intensivierten diese, reichten melodische Gedanken durch die Stimmen weiter, bis diese in Klangballungen oder großen Intervallsprüngen teilweise auch ein jähes Ende nahmen. ‚Esperanza’ heißt Hoffnung und so gab es ein immer wieder neues Werden und Entstehen in unterschiedlichen stilistischen Ausdrucksformen, die die Bandbreite von Gefühlen zwischen Resignation und Aufbegehren verkörperten und schließlich mit einem offenen Schluss endeten.

Die Lust, sich an den Größten zu messen


Einer großen Herausforderung stellte sich das noch nicht allzu lange miteinander musizierende „Liebenstein Quartett“ mit dem berühmten Streichquintett KV 516 von Wolfgang Amadeus Mozart. Insbesondere dieses Werk ist ein in sich abgeklärtes Ganzes, das vor allem von einem ausgewogenen Stimmenausgleich zwischen den Violinen und der ersten Bratsche sowie der zweiten Bratsche (Karoline Hofmann) und dem Violoncello lebt. Darüber hinaus ist es prall gefüllt mit musikalischen Symbolen und beredten musikalischen Wendungen. Musikalische Charaktereigenschaften zwischen diesem Quintett und den g-Moll-Sinfonien weisen auf die zugrundeliegende traurige und melancholische Stimmung hin. Dies bedeutet sehr hohe Vorgaben an die Interpretinnen, die in dieser Werkdeutung nur teilweise eingelöst wurden.

Nach der Decke strecken


Die Musikerinnen formulierten die Hauptthemen gut artikuliert, jedoch wirkte der Stimmenausgleich zwischen den Instrumenten teilweise etwas unausgewogen und die in die Motive und Themen eingebauten Intervallsymbole erklangen zu wenig ausgeformt, so dass die eher elegische Grundstimmung nicht so recht zum Ausdruck kam. Aufbegehrend wirkte die Akzentuierung des Hauptthemas im Menuett, das in einen schönen Gegensatz zum Trio gestellt wurde. Behutsam ausgedeutet erklangen das Adagio und der langsame Übergang zum Finalsatz. Das abschließende Rondo wirkte in dieser Werkdeutung zu „harmlos“ ausgeformt, so dass die Ironie, vielleicht sogar der „Galgenhumor“, den Mozart hier auch andeuten wollte, etwas wenig kontrastreich ausgelotet erschien.

Eine Bereicherung für das Musikland


Trotz der angeführten Einschränkungen erfreute das „Liebenstein Quartett“ mit seinem großen Einsatz. Auf jeden Fall ist das Streichquartett eine Bereichung für die Musikszene Vorarlbergs und auf die kommende Projekte der vier Damen darf man sich freuen.