Stefan Rüeschs Werke sind derzeit in der Galerie Sechzig in Feldkirch zu sehen. (Durchblick, Acryl u. Kohle auf Leinwand, 126 x 438, 2020, Foto: Markus Tretter)
Peter Ionian · 07. Jul 2012 · Musik

Die Bude eröffnet – Das 19te poolbar Festival startet in ein sechswöchiges Kulturprogramm

So sicher wie der Sommer kommt auch jedes Jahr das Poolbar Festival ins Alte Hallenbad in Feldkirch. Und aus dieser Kontinuität heraus entwickelt sich sowas wie Beziehung. Das Festival hat sich im Laufe der Zeit einen Namen und Charakter erarbeitet. Vor allem steht es für ausgefallene Konzerte, aber auch Tanz, Theater, Mode und Architektur stehen auf dem Programm. Mit Headlinern wie Marilyn Manson, Gogol Bordello, Regina Spektor, The Whitest Boy Alive, Who Made Who und vielen mehr ist klar, dass sich die Beziehung diesen Sommer vertiefen wird. Gestern eröffneten Frittenbude das Spektakel.

Gegen die heiße Luft

Heiße Luft titelt die 19te Auflage des erfolgreichen Poolbar Festivals und das nicht ohne Grund. Die geschichtsträchtige Bude im Reichenfeld verlangt nach dringenden Verbesserungen der Infrastruktur. Speziell die Lüftung ist immer wieder ein Thema, vor allem wenn hier regelmäßig Weltstars vor ausverkauftem Haus aufspielen. Dann geht es meistens heiß her in der Halle und man kann die Luft förmlich in Scheiben schneiden. Neben der Kühlung sind aber auch gastro- und bühnentechnische Anlagen vonnöten, sowie akustische Verbesserungen und Installationen zur Erfüllung der Sicherheitsbestimmungen. Das poolbar Festival plädiert als Mieter gemeinsam mit anderen Kulturinitiativen schon lange für diese Investitionen, doch seitens der Stadt Feldkirch übt man sich in Zurückhaltung. Weil das Gerede nichts brachte, wird man nun tätig. Es gibt einen ganzen Maßnahmenkatalog, angefangen bei der Petition zur Verbesserung der Infrastruktur des Alten Hallenbades auf www.poolbar.at, wo man sich durch eine Unterschrift mit den Anliegen solidarisieren kann. Neben Willensbekundungen will man auch praktisch etwas beitragen und hat deshalb online ein Crowdfunding-Projekt gestartet, wo unter startnext.at jeder kleine Betrag ein Beitrag ist. Vor Ort gibt es eine „Tombola für Luft!“ und immer wieder mal „Heiße Suppe gegen Heiße Luft!“. Der komplette Reinerlös aller Maßnahmen fließt in den „Heiße-Luft-Topf“ und wird dann der Stadt Feldkirch und dem Land Vorarlberg als kleiner (symbolischer) Finanzierungsbeitrag für die Installation einer angemessenen Lüftungsanlage zur Verfügung gestellt.

Gameboymusik

Gestern bekam man beim Eröffnungskonzert schon einen ersten Eindruck davon, dass es heiß werden kann. Wurde letztes Jahr noch mit krachenden Gitarren eröffnet, geht es heuer anders los. Dem Trend gerecht gibt’s erstmal Beat und deutsche Texte. Fast ohne Worte kamen die Ostösterreicher des Gameboymusicclubs aus. Als Kollektiv mit insgesamt über einem Dutzend aktiver MitspielerInnen machten sie Sound mit der 8-Bit-Handheld-Konsole von Nintendo. Das elektronische Spielzeug wurde kurzerhand als Musikinstrument missbraucht. Zwischendurch gabs manchmal Chöre und unter allem lag eine tiefe Beatschicht. Die Halle füllte sich gerade erst, als sie das Vorprogramm machten und es wurde hauptsächlich geschaut, aber ihr Reprise um Mitternacht im Pool knallte mitten in die Party.

Politisch mit Beat

Die Frittenbude aus München spielte vor vier Jahren noch vor handerlesener Zuhörerschaft im Graf Hugo, danach im Vismut und am Spielboden. So haben sie sich eine Fangemeinde in Vorarlberg aufgebaut. Auf Youtube werden ihre Videos über eine Million Mal geklickt. Das Publikum wurde eine halbe Stunde zu spät begrüßt und süß genannt. Johannes rappte in deutscher Sprache zu starken Beats aus dem Drumcomputer und Riffs auf der E-Gitarre. Man könnte sie klangmäßig vielleicht mit Deichkind oder Mediengruppe Telekommander verwechseln, aber das sind ja nicht unbedingt erfolglose Vorbilder. Frittenbude gaben sich jedoch viel politischer als so manche andere Band und so sprachen sie sich an diesem Abend wiederholt gegen rechte Gewalt aus. Auch die Show kam nicht zu kurz. Unter dicken Stoffanzügen schwitzten sich Hello-Kitty, ein Delfin und ein Panda, die Wäsche nass und machten trotzdem Stimmung. Girls in Audiolith T-Shirts durften natürlich nicht fehlen und dann wurden auch noch Publikumsspiele gestartet. Statt einer Wall of Death wurde mit einer „Liebes-Schneise“ der Tag des Kusses gewürdigt. Sympathisch, intelligent und politisch wurde diese Saison eröffnet und im Pool zu DJ A-Wax Feat. Steve Rude ausgetanzt.