Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Peter Ionian · 19. Jän 2013 · Musik

Ganz andere Saiten aufziehen – The Great Hans Unstern Swindle im Dornbirner Spielboden

Hans Unstern hat mit seiner Band den Spielboden besucht. Leider haben das die Leute nicht mitbekommen, oder sie haben einfach keine Ahnung gehabt, was da aus Berlin ins Ländle gekommen ist. Publikum gabs jedenfalls kaum im Konzertsaal des Spielbodens, dafür umso mehr Schwindel auf der Bühne. Die zwanzig Gäste erlebten einen Auftritt beklemmender Performance, ausgefallener Klangkörper, fragiler Sounds und wirrer Textkreationen.

Werkstatt der selbstgebauten Saiteninstrumente

Die Bühne erinnerte beinahe an eine Werkstatt, mit den mächtigen selbstgebauten Saiteninstrumenten, die überall herumstanden und so die Form das Bühnenbilds vorgaben, aber auch die ungewöhnliche Klangnote. Schuhe standen überall herum. Weil sie auch gewechselt wurden, wie sich später herausstellte. Große leuchtende Ballons gaben dem Künstlerpodium den Hintergrund, passend zur gegen die Normalität reichlich abgehobene Darbietung. So stellt man sich Konzerte vor, die eine Erfahrung sind. Hier konnte nicht einfach konsumiert werden, hier wurde irritiert und zwar gleich auf mehreren Ebenen. Auch wenn alles ein großer Schwindel war, er schwimmt jedenfalls nicht im zähen Einheitsbrei.

In Details verfangen

Wenn man sich darauf eingelassen hat, dann wurde man von den Details gefangengenommen. Die Ungewöhnlichkeit der Instrumente, wie beispielsweise ein Stuhl als Saiteninstrument oder Kochtöpfe als Schlagzeug. Alles Mögliche wurde zum Tonabnehmer und angeschlagen. Den „normalen“ Viersaiter-Bass fand man unter den Armaturen hängend und so wurde er auch gespielt. Die eigenen Instrumente wurden wirkungsvoll ins Licht gesetzt. Die Songs spielten auf einer großen Bandbreite und hatten teils eine treibende Kraft, wenn perkussive Elemente dominierten, teils eine zerbrechliche Natur, die volle Aufmerksamkeit verlangten. Mit seinen unzusammenhängen Textüberschlägen zwang Hans Unstern Bilder in die Köpfe, um sie jäh wieder zu vernichten.

Verstimmend, verstörend – versöhnlich, harmonisch

Diese irritierenden Klang- und Wortkombinationen waren verstimmend. Immer wieder übertriebene Partizipationselemente, wie gemeinsames Schnipsen über verstörenden Texten oder überzeichnete „Yeah!“-Chöre nach dem Bekenntnis „Ich schäme mich“. Abwegig und doch sympathisch, abgehoben im Ergebnis, aber nicht in der Art. Das schönste Missverständnis, das man erschaffen kann. Probleme und Lösungen, frei und impulsiv, ohne sich durch Konventionen erdrücken zu lassen. Und eigentlich ist eh alles sehr versöhnlich und harmonisch.

So ein Konzert zu beschreiben, ist eine Herausforderung. The Great Hans Unstern Swindle muss erlebt werden, um ihn in aller Fülle zu erfassen. Dabei kann und soll nicht alles immer verstanden werden müssen. Langweilig wird einem jedenfalls bestimmt nicht bei einem derart gut inszenierten Wahnsinn.